Weshalb macht eine Amerikanerin Urlaub in der Schweiz? - mit Paula Pant (AffordAnything.com)

Letztes Update: October 27, 2015

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In diesem Sommer hörte ich, dass Paula von Afford Anything zum Urlaub in die Schweiz kommen würde.
Ich folge ihrem Blog jetzt seit über einem Jahr und dachte, es wäre cool, sich mit einem Mit-Blogger bzw. einer Mit-Bloggerin aus dem Bereich persönliche Finanzen zum Mittagessen oder so zu treffen und über Geld, Reisen und mehr zu plaudern. Aber auch darüber, warum zur Hölle eine Amerikanerin die Schweiz auswählt, um dort ihre Ferien zu verbringen, wenn es andere europäische Länder zum Discount-Preis gibt (wie Frankreich, Italien oder Deutschland)?!?

Schlussendlich konnten wir leider wegen ihres vollen Ferienplans in Kombination mit meinem eigenen (beruflichen, wir arbeiten hier, Leute!) doch keine Zeit für ein Treffen finden.
Wir beschlossen aber, es nicht dabei bewenden zu lassen und uns ein wenig mehr auszutauschen – per E-Mail-Chat nach dem Schema: eine Frage, eine Antwort.

Auf die Idee kam ich tatsächlich, weil ich vorher diesen Post über Work-Life-Balance in der Schweiz (aus der Sicht einer Amerikanerin) gelesen und in diesem Sommer auch knapp drei Wochen in Kanada verbracht hatte.

Es erinnerte mich daran, dass es eine – manchmal riesige – Kluft zwischen unseren zwei Kontinenten gibt.
Daher wollte ich mich mit Paula über dieses Thema austauschen (mit Fragen wie “Was hast du in der Schweiz am meisten gehasst?”).

Darf ich vorstellen – Paula Pant von affordanything.com

Ein paar einleitende Worte über Paula: sie ist Globetrotterin, Unternehmerin und Geldanlegerin.
Sie ist in 33 Länder gereist und besitzt sieben Mietobjekteinheiten. Sie ist ihr eigener Boss und lebt nach ihren eigenen Regeln.

Mein einer Ratschlag, falls du sie im echten Leben triffst, wäre, keinen Satz mit “Wow, dein Leben ist so toll/unglaublich/inspirierend/was-auch-immer, aber ich könnte mir so einen Lebensstil nie leisten” anzufangen – sie würde echt sauer auf dich werden.

Hier ist die erste Frage, über die wir redeten (du kannst damit rechnen, künftig mehr zum Thema Blogger und Privatsphäre zu hören, weil es mich wirklich interessiert):

1/ Hattest du von Anfang an beschlossen, deinen Blog öffentlich zu machen?
“Ja, obwohl ich damals, als ich zu bloggen begann, nicht finanziell unabhängig war (und auch nicht wirklich über FU nachgedacht habe). Ich war gerade erst von einer Reise durch Südost-Asien und Australien zurückgekehrt und mehrere Freunde fragten mich, wie um alles in der Welt ich mir die Reise leisten konnte – besonders, weil alle dachten, dass ich ein mittelmässiges Gehalt bekomme (Reporter bei Kleinstadt-Zeitungen sind nicht gerade eine gutbezahlte Bevölkerungsgruppe).

Ich startete Afford Anything, um zu erklären, wie ich meine Reisen finanzierte und, in grösserem Rahmen, die Idee zu erklären, dass jeder Dollar eine Entscheidung ist. You can afford anything, but not everything (Du kannst dir alles leisten, aber nicht jedes), und jeder Dollar, den du für X ausgibst, ist einer, den du nicht für Y ausgeben kannst.

You can afford anything, but not everything!

Nachdem ich anfing zu bloggen, entwickelte ich ein Interesse daran, in Immobilien zu investieren.
Anfangs betrachtete ich es nicht als einen Weg zur FU; es war nur eine Geldanlage, die etwas coolen Cash-Flow brachte.
Nach meiner ersten Immobilie wurde mir die Macht von passivem Einkommen bewusst – und dann hing ich am Haken. Ich lernte so viel wie möglich über FU und passives Einkommen und bloggte über meine Erfahrungen auf dem Weg dahin. Ich fand ein paar Immobilien mit grossartigem Cash-Flow, die mich auf die Überholspur zur FU brachten, und ich kam viel schneller viel weiter, als ich je geahnt hatte.

Also, ja, ich war die ganze Zeit hindurch mit meinen Finanzen publik, obwohl diese Finanzen am Anfang eher nichtssagend und nicht beeindruckend waren. Ich habe in den letzten fünf Jahren viel gelernt und ich denke, dass meine Langzeitleser es genossen, zu sehen, wie die Reise sich entwickelte.”


MP: Ich muss mich wirklich zu Immobilien schlaumachen. Obwohl es in der Schweiz verdammt teuer ist.
Zielst du auf kleine 1-2-Raum-Wohnungen ab, oder kommt es drauf an?

“Wenn ich eine Einfamilien-Immobilie kaufe, ziehe ich solche mit 3 Schlafzimmern, 2 Bädern vor, die mindestens 111 m² (1,200 square feet) haben (obwohl ich Ausnahmen mache, ich habe ein Haus gekauft, das ein 3/2 mit 93 m² (1,000 sq ft.) ist und ein weiteres, das ein 3/1 ist, dem ich ein zweites Badezimmer hinzufügte). Wenn ich eine Immobilie mit mehreren Wohneinheiten kaufe, ziehe ich hingegen Einheiten mit 1-2 Schlafzimmern vor.

Theoretisch würde ich mehr Objekte mit mehreren Wohneinheiten vorziehen, aber ich finde typischerweise bessere Deals bei Einfamilien-Objekten.”


MP: Danke für die detaillierte Erläuterung! Was die “Privatsphäre” betrifft, hattest du von Anfang an entscheiden, deinen Namen/dein Gesicht zu zeigen, oder nicht? (Ich habe vor, über dieses Thema zu bloggen und suche nach Beispielen öffentlicher und anonymer Blogger, die ich einschliessen kann).

“Ja, mein Name/Gesicht war von Anfang an öffentlich. Ich denke, das war wichtig, damit meine Leser eine Verbindung/Vertrauen zu mir aufbauen konnten. Wenn du dich dafür entscheidest, anonym zu bleiben, solltest du wenigstens eine starke “Persönlichkeit” erschaffen, wie MMM oder J. Money von Budgets Are Sexy. Obwohl sie anonym sind, fühlt es sich nicht so an, weil ihre Online-Persönlichkeit so stark ist.”

2/ Was ist deine Heimatstadt in den USA?
“Ich wuchs in Cincinnati, Ohio, auf, ging aber weg, als ich 17 war und habe seitdem nicht wieder dort gelebt. Ich lebte etwa 7 Jahre in Boulder, Colorado, bevor ich die USA für ein paar Jahre verliess, um zu reisen. Als ich in die USA zurückkehrte, zog ich nach Atlanta und lebte 5 Jahre lang dort. Vor kurzem bin ich nach Las Vegas gezogen.”


MP: Wow. Interessant, zu sehen, wie oft du innerhalb der USA umgezogen bist.
Gab es da einen gemeinsamen Nenner bei all diesen Umzügen? Hast du jedes Mal nach etwas Bestimmtem gesucht? Oder war es die Freude am Reisen und Entdecken neuer Dinge/Menschen?

“Mein erster Umzug – nach Colorado – fand statt, um Leute zu finden, die mein Interesse an Reisen /Abenteuer / Outdoor teilten. Als ich dann Colorado verliess, war es, um ein paar Jahre ausserhalb der USA zu verbringen, also war es die reine Freude am Reisen.

Ich zog teils aus geschäftsbedingten Gründen nach Atlanta und teils, weil ich dort Familie hatte.

Nach Vegas zog ich, weil es dort 300+ Sonnentage im Jahr gibt, milde Winter, Berge, Canyons, Hiking, Camping, Snowboarding, die Nähe zu Südkalifornien (wo viele meiner Freunde leben) und KEINE STAATLICHE EINKOMMENSTEUER!!! Wahoo!!”

Die Schweiz aus der Sicht einer Amerikanerin

Jetzt, wo du einen neuen Blog zu lesen hast (Ich weiss, das Leben ist hart, das Internet ist zu gross und die Tage sind zu kurz…), lass uns beweisen, dass du auch einen weiteren Zielort hast, den du auf deine Wunschliste setzen musst!

Aber im Ernst, ich liebe das Land, in dem ich lebe, weil ich mich dazu entschlossen hatte. Ich lebe mit Absicht in der Schweiz. Es ist eine Wahl.
Nachdem ich seit meiner Geburt viele Jahre lang in Frankreich lebte (auch ein wunderschönes Land, es ist mehr sein/e System/Politik/Menschen, mit denen ich nicht auf einer Linie liege), verbrachte ich ein halbes Jahr in Kanada, was mir die Augen geöffnet hat. Es gab auch etwas anderes.
Es lag an uns, zu entscheiden, wo wir leben. Es war keine definitive Wahl, die von unseren Eltern oder Vorfahren getroffen wurde.
Wir zogen in die Schweiz, vor sieben Jahren.

Ich bin mit Absicht in der Schweiz. Es ist eine Wahl.

Lucerne (Schweiz)

Lucerne (Schweiz)

Jedes Mal, wenn ich seitdem jemanden getroffen habe, der auch gewählt hat, in die Schweiz zu kommen (Urlaub oder endgültiger Umzug), bin ich immer neugierig auf seine/ihre Gründe, um unsere Visionen zu vergleichen und mehr über die Leute aus aller Welt zu erfahren.

Als ich hörte, dass Paula kommen würde, konnte ich nicht widerstehen, ihr ein paar Fragen zu stellen.

3) Weshalb zur Hölle würdest du dein Geld für Urlaub in einem sehr teuren Land ausgeben wollen?
“Haha, gute Frage!! Ich bin fasziniert von egal wo. Reisen ist meine Leidenschaft #1 im Leben und ich wollte (fast) jedes Land sehen (obwohl ich aus Kriegsgebieten wegbleiben werde).
Als ich jünger und das Geld viel knapper war, konnte ich nur in Länder reisen, in denen der Dollar-Wechselkurs für mich arbeitete: Kambodscha, Laos, Myanmar, Vietnam.

Ich wollte immer schon Europa sehen, aber Dollar zu verdienen und Euros auszugeben, war undenkbar. Nach dem College machte ich ein paar Kurztrips nach Europa, auf denen ich in Zelten campierte oder bei Freunden wohnte und Brot und Käse aus Lebensmittelläden ass. Ein $15-pro-Nacht-Hostel zu zahlen war ein grösserer Luxus. Jetzt, wo ich mehr verfügbares Einkommen habe, verfolge ich endlich einen langgehegten Traum bzw. das Ziel, Europa zu erkunden – wobei ich (manchmal) immer noch in Hostels übernachte und (manchmal) auf Airbnb-Unterkünfte upgrade. Das ist ein riesiger Luxus.

Die Schweiz hat mich schon immer fasziniert – sie ist kleiner als die meisten US-Staaten und hat dennoch einen riesigen internationalen Ruf.
Ohio ist nicht so berühmt – und ist der Geburtsort der Luftfahrt.
Warum ist die winzig kleine Schweiz so berühmt? Wie konnte dieses Land der Welt den Gruyère geben, grossartige Schokolade und globale Menschenrechte und unsere beste Chance auf Weltfrieden? Ich wollte selbst dorthin, um eine Vorstellung von der Antwort zu bekommen.”

3.b/ Hast du es am Ende geschafft, so etwas wie eine Antwort zu finden?
“Meine beste Vermutung ist, dass die Schweiz an “der Kreuzung der Welt” liegt – in der Mitte von Mächten wie Italien, Deutschland und Frankreich, und sich dennoch von ihnen allen unterscheidet.

Eine Sache, die mich fasziniert hat, ist, dass die Schweiz die vierthöchste Rate an Waffenbesitzern in der Welt hat (nach den USA, Serbien und Yemen), und ihr es dennoch schafft, euch nicht gegenseitig umzubringen. Wie?! In der Tat seid ihr ein Symbol für den Weltfrieden.

In der Theorie macht das Sinn: eure Einstellung gegenüber Italien/Deutschland/Frankreich ist volle Verteidigung. “Wir lassen euch in Ruhe. Aber wir werden uns schützen. Besetzt uns nicht, weil ihr verlieren werdet. Fairerweise werden wir euch auch nicht besetzen. Deal?”

Und theoretisch macht das absolut Sinn. Aber ich wundere mich trotzdem über die Tatsache, dass die Schweiz tatsächlich geschafft hat, das durchzuziehen. Und ich bin extra-beeindruckt, dass ihr alle eure Waffen nicht gegeneinander richtet, auf einem individuellen Level, wie wir es in Amerika tun. Das ist der Teil, den ich immer noch nicht beantworten kann.

Irgendwelche Ideen?”


MP: Ich muss sagen, dass ich von der Tatsache mit den Waffen keine Ahnung hatte. Paula hat meine Neugier höllisch angefacht!
Ich denke, dieser Artikel von 2011 erklärt alles sehr gut.
Ich habe etwas über mein eigenes Land gelernt, Paula. Danke!

‌4/ Also, wie war dein Ablaufplan in der Schweiz von der Landung bis zum Abflug zurück in die USA?
“Ich startete in Zürich, dann ging es weiter nach Interlaken, dann Bern, dann Montreux, ehe ich von Genf aus abflog. (Dazu jede Menge Stopps in kleinen Orten wie Luzern, Gruyère, etc.)
Wenn ich das nächste Mal da bin, würde ich gerne die Gegend nahe der italienischen Grenze besuchen – ich habe das Gefühl, das ist ein wesentlicher Abschnitt der Schweiz, den ich völlig verpasst habe. :-)”


MP: Was den italienischen Teil angeht, ich war immer noch nicht in Lugano, wo ich einen guten Freund habe.
Dieser Teil der Schweiz ist hier in der Tat berühmt für sein sonniges Klima und seine südländische Kultur. Werde ein paar Fotos teilen, sobald ich hinkomme (falls du es nicht vor mir schaffst!).

Lugano, Ticino (Schweiz)

Lugano, Ticino (Schweiz)

5/ Was ist die EINE Sache, die du während der Reise an der Schweiz am meisten geliebt hast (Sonnenuntergang, Ort, Schokolade, was-auch-immer)?
“Oh wow … das ist eine harte Frage. Die Berge? Käse? Architektur? Vielfalt der Sprachen und Kulturen auf kleinem Raum? Ich liebe das alles.
Aber wenn ich wirklich nur EINE Sache wählen müsste, würde ich sagen, dass ich ihre Sauberkeit liebe.
Im Ernst. Die Schweiz ist so sauber, dass ich das Gefühl habe, ich könnte Essen, das auf die Strasse gefallen ist, essen. Da gab es einen Tag, als ich nach einer Wanderung müde war – und mich auf hingelegt habe, mit dem Kopf auf dem Gehweg eines Parkplatzes. Ich würde das nirgends sonst tun. Die Schweiz könnte das sauberste Land sein, das ich je gesehen habe.”

6/ Und jetzt, natürlich, was ist die EINE Sache, die du am meisten gehasst hast?
“Es wurde niemals warm! Das ist okay für einen Besuch von 10 Tagen, aber ich denke, das würde mir nahegehen, wenn ich dort leben würde. :-)”


MP: Ich schätze, du warst an den schlimmsten Tagen im Sommer da…
Zwei Monate lang war es furchtbar, mit den höchsten Temperaturen jemals in Europa, so 40-45 Grad.

Die letzten 2 Fragen, um einen kleinen lokalen Kampf auf dem Blog zu starten:
7/ Welche Seite des Röstigrabens (https://de.wikipedia.org/wiki/Röstigraben) hast du bezüglich Kultur/Menschen/Sprache vorgezogen? Die deutsche Schweiz oder die Romandie (französische Schweiz), und weshalb?
“Hmm – das ist hart. Ich mochte das Essen auf der französischen Seite der Schweiz besser (hauptsächlich, weil ich Käse liebe), aber mir gefielen die Architektur und Gebäude auf der deutschen Seite der Schweiz besser.”

‌8/ Welche Stadt hat dir während deiner Schweiz-Reise am besten gefallen und weshalb?
“Genf war interessant wegen seiner Mischung von Menschen, und Bern war unglaublich, weil es so hübsch war. Aber wenn ich eine kleine Stadt wählen könnte (statt einer grossen Stadt), würde ich sagen, etwas wie Montreux oder Gruyère oder Interlaken. :-)”

Geneva (Schweiz)

Geneva (Schweiz)

Hey, warte mal! Wir haben noch gar nicht über Geld/Bares gesprochen. Letzte Frage, ich schwöre!
9/ Wie hast du das Klischee erlebt, dass jeder Schweizer Bürger Millionär ist, mit jeder Menge geheimer Bankkonten und Gold im Keller?
“Ich hatte nie vorher von dem Klischee gehört. Ich hatte Filme gesehen, die mit der Idee geheimer Schweizer Bankkonten spielten, aber ich kannte das Stereotyp, dass jeder, der dort lebt, Gold im Keller hortet, nicht. :-)”


MP: Das muss dann wohl nur hier in Europa ein Klischee sein. Alle Leute/Familienmitglieder aus Frankreich denken, wir fahren unter der Woche einen Ferrari und an Wochenenden einen Lamborghini, wenn wir sagen, wir leben in CH!

Vielen Dank nochmal für dieses virtuelle Meeting, Paula. Hoffentlich wiederholen wir das im echten Leben!

Und ihr, liebe Leser, wie seht ihr die Schweiz? Liebe? Hass? Irgendwelche vorgefassten Meinungen?

Das Buch 'Frei mit 40 in der Schweiz' von Marc Pittet
4.57 (210)

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Wie üblich schreibe und rezensiere ich nur Dinge, die ich in meinem persönlichen Alltag verwende oder denen ich vertraue.

Danke fürs Lesen!