Heute ist es an Linda (einer Blogleserin), uns ihre Geschichte über ihre Beziehung zur FIRE-Bewegung (“Financial Independence, Retire Early”, zu Deutsch: “Finanzielle Unabhängigkeit, Frühzeitiger Ruhestand”) und zum Thema persönliche Finanzen in der Schweiz zu erzählen. Viel Vergnügen beim Lesen!
Hallo, ich bin Linda, ich bin 36 Jahre alt, habe zwei Kinder (9 und 4 Jahre), bin nicht verheiratet, lebe aber mit dem Vater meiner Kinder zusammen in der Stadt Zürich.
Ich bin in einer Arbeiterfamilie in der Romandie aufgewachsen.
Mein Vater arbeitete in der Industrie und meine Mutter war Hausfrau mit drei Kindern.
Wir hatten kein Sackgeld, fuhren nicht in die Ferien und hatten keine teuren Hobbys oder Aktivitäten. Trotzdem hatte ich eine schöne Kindheit.
Hart arbeiten als Erziehungsmodell
Wir mussten arbeiten, wenn wir Geld verdienen wollten.
Also habe ich mit 14 Jahren angefangen, zwei Stunden pro Tag (während der Schulferien) in einer Apotheke zu arbeiten und verdiente dabei CHF 4.50 pro Stunde.
Innerhalb einer Woche hatte ich CHF 45.00 verdient und war so glücklich darüber!
Ich kaufte mir einen Silberring, den ich schon seit so langer Zeit haben wollte :) Ich habe ihn zur Erinnerung an meinen ersten Lohn aufbewahrt!
Mit 16 habe ich einen Job als Kassiererin bei Carrefour gefunden. Ich arbeitete von da an jeden Mittwochnachmittag, donnerstags nach der Schule (es gab einen Abendverkauf bis 20 Uhr) und samstags.
Ich verdiente CHF 16.45 pro Stunde und war finanziell unabhängig von meinen Eltern.
Ich konnte mir neue Kleider, ein Handyabo und sogar Ferien mit meinen Freunden leisten.
Danach, während meines Studiums, hatte ich immer einen Studentenjob, um meine Ausgaben finanzieren zu können:
- Kassiererin bei Carrefour
- Verkäuferin in verschiedenen Firmen(in einem Kleiderladen, in einer Bäckerei, an einer Tankstelle, in einem Schuhladen, usw.)
- Bedienung in einem Restaurant
- Rezeptionistin bei einer Krankenkasse
Das Wichtigste für mich war, finanziell unabhängig zu sein, was für mich in dieser Zeit bedeutete: meine Ausgaben selber finanzieren zu können (denn meine Eltern konnten dies nicht).
Keine Finanzerziehung …
In jungen Jahren habe ich leider kein Geld gespart.
Ich habe immer alles ausgegeben, nachdem ich alle Rechnungen bezahlt hatte.
Ich wünschte, meine Eltern hätten mir Ratschläge gegeben wie “Spare jeden Monat ein bisschen Geld für besondere Ereignisse”.
Aber ich denke, dass sie selber auch gar keine Finanzerziehung genossen haben …
Es war ein glücklicher Zufall, der mich dazu brachte, mich mit Geldmanagement und persönlichen Finanzen zu beschäftigen.
In der Tat begann ich, etwas über persönliche Finanzen zu lernen, als ich in der Verwaltung mehrerer Pensionskassen zu arbeiten begann.
Es war zu diesem Zeitpunkt, dass ich das typische Schweizer “3-Säulen-System” verstanden haben und wie die Rente berechnet wird.
Meine Eltern haben nicht für ihre Rente vorgesorgt (weder Säule 3a noch freiwillige Einzahlungen in die 2. Säule).
Sie werden also das strikte Minimum erhalten.
Mein Vater hat mit 60 Jahren seine Stelle verloren, obwohl er nie krank war und seine Arbeit tadellos erledigte – er war sogar derjenige, der die Neuen einführte.
Meine Mutter war ihr Leben lang Hausfrau.
Sie findet, dass ich mir zu viele Gedanken um die Zukunft mache und entspannter sein sollte.
Meine Eltern gehören zu den Glücklichen, die Vertrauen in die Zukunft haben und das Leben so nehmen, wie es kommt.
Das Ziel meiner Träume
Ich möchte Multimillionärin werden.
Ich möchte meinen Job als Angestellte an den Nagel hängen.
Ich möchte, dass mein Geld für mich arbeitet, während ich meine Zeit damit verbringe, meine Umwelt zu geniessen.
Danach möchte ich meine Zeit mit Lesen verbringen (meine Bücherliste ist so lange!), an Filmfestivals gehen, am Strand und im Wald spazieren. Einmal pro Woche schwimmen gehen. Unter der Woche in den Zug nach nirgendwo steigen und auf gut Glück ein Dorf besuchen. Öfter in die Romandie reisen.
Irgendwie ein “Slow Life”!
Ein realistischeres Ziel ist, genügend Geld für ein angenehmes Leben (wie jetzt) und keine Geldsorgen zu haben, wenn ich pensioniert bin.
Mit zwei Kindern und einem begrenzten Budget leben
Ich habe zwei Kinder.
Deshalb ist es ziemlich schwierig, Geld zu sparen, aber man kann immer noch etwas optimieren.
Auf diese Weise konnten wir für einen minimalistischen Lebensstil unsere Ausgaben reduzieren:
- Alle unseren unnötigen Versicherungsverträge künden
- Das günstigste Handy-Abo abschliessen
- Zuhause meine Mahlzeiten für den Arbeitsplatz zubereiten
- Gebrauchte Artikel kaufen
- Mir die Haare selber färben und nur einmal pro Jahr zum Coiffeur gehen
- Bücher in der Bibliothek ausleihen anstatt sie zu kaufen
- Weder Leasing noch Kredite nutzen (wir haben unser erstes Auto – einen Audi A100 – für CHF 361.00 auf Ricardo gekauft und sind damit bis nach Korsika in die Ferien gefahren!)
Somit kommen wir auf ein monatliches Budget von:
Kategorie | Betrag (CHF) |
---|---|
Miete | 2'143 |
Esswaren, Lebensunterhalt | 1'100 |
Krankenkasse | 1'250 |
Kinderbetreuung | 650 |
Internet / Mobiltelefonie | 85 |
Öffentliche Verkehrsmittel | 42 |
Versicherungen (Haftpflicht, Auto) | 80 |
Autosteuern | 50 |
Benzin | 200 |
Spenden | 70 |
Ferien | 300 |
Total monatliches Budget | 5'970 |
Derzeit spare ich ein “kleines Vermögen”, um auf unserem Sparkonto den Betrag von einem Jahreslohn zu haben.
Ich habe bis jetzt schon 11 Monatslöhne zur Seite gelegt :)
Es war nicht einfach. Ich habe 3 Jahre dafür gebraucht!
Dieses Geld ist nur für überlebenswichtige Dinge. Das bedeutet, dass es WEDER für Ferien NOCH für ein neues Auto NOCH für sonst irgendwas gedacht ist.
Es ist für unvorhergesehene Dinge wie eine hohe Zahnarztrechnung, eine dringende Reparatur oder für den Fall von Arbeitsunfähigkeit.
Was die Kinder betrifft, so haben wir für beide ein Sparkonto und unser Ziel ist es, ihnen je CHF 15'000 zu geben, wenn sie 18 Jahr alt sind.
Ich hatte kein Sparkonto, als ich ein Kind war, aber ich wollte eines für meine Kinder eröffnen und ich hoffe, dass sie es vernünftig einsetzen werden.
Meine Investitionen und meine Pensionsgelder
Wenn ich mein Sparziel von einem Jahreslohn erreicht habe (was eigentlich Ende 2022 der Fall sein sollte), werde ich zu investieren beginnen.
Meine Investitionsstrategie wird sein:
- Alles in einen weltweiten ETF überweisen
- Monatliche Investitionen im selben Bereich
Was die 3. Säule betrifft, so habe ich eine Säule 3a bei VIAC und eine bei Frankly.
Leider habe ich auch noch eine gemischte Säule 3a bei einer Lebensversicherung (seit 2016), die in einen Fonds investiert ist. Ich habe sie noch nicht gekündigt, da ich dabei Geld verlieren würde. Ich warte, bis ich die Rentabilitässchwelle erreiche, um sie aufzulösen. Bis dahin muss ich monatlich 400 CHF einzahlen …
Dann, sobald ich 40 Jahre alt bin, werde ich jährlich Einkäufe in die Pensionskasse vornehmen.
Dies, um mein Renteneinkommen zu erhöhen und Steuern zu sparen. Ich habe meine Rentenersparnisse bereits auf ein Maximum erhöht, indem ich auf einen höheren Pensionsplan in meinem Unternehmen gewechselt habe.
Eine Bemerkung zu Frauen und Arbeit
Als Frau denke ich, dass Frauen niemals zu arbeiten aufhören sollten!
Ich arbeite 80 %, seit ich mein Studium abgeschlossen habe.
Und auch, wenn ich Kinder habe, denke ich nach wie vor, dass alle Frauen mindestens 60 % arbeiten sollten (ausser, wenn sie bereits finanziell frei sind).
Der Grund ist, dass Altersarmut vor allem Frauen betrifft.
Glaube mir, ich habe gesehen, welche Renten Frauen und Männer erhalten und der Unterschied zwischen den Geschlechtern (eben genau der Unterschied bei Teilzeitarbeit) ist enorm!
Das Armutsrisiko ist noch grösser, wenn du alleine bist.
Alle, die Teilzeit arbeiten, haben ein Loch in ihrer Rente.
Es ist schön, mehr Zeit mit den Kindern zu haben, aber die Kinderbetreuung sollte zwischen den beiden Elternteilen aufgeteilt werden. Und um ehrlich zu sein, möchtest du, dass dich deine Kinder finanziell unterstützen müssen, wenn du eine Seniorin bist?
Tipp an die Leserinnen
Und lass mich zum Schluss noch die Zusatzfrage beantworten, die MP mir gestellt hat:
Wenn du eine Freundin triffst, die sich nicht mit Renten- oder Finanzfragen auskennt, was rätst du ihr? (Und setzt sie es dann auch um?).
Um es klar zu sagen: Meine Freundinnen sind mit Fragen zur Pensionierung und zu den Finanzen oft überfordert …
Entweder kümmert sich der Mann/Partner um die Finanzen oder sie sind alleinstehend und diesbezüglich ein bisschen verloren.
2. Säule
Wenn sie merken, dass ich mich mit dem Thema auskenne, zeigen sie mir die Finanzübersicht ihres Pensionsfonds (aka “Vorsorgeausweis”) und ich erkläre ihnen, wie all diese Zahlen zu interpretieren sind und was ihr Vertrag vorsieht.
Einige meiner Freundinnen hatten zum Beispiel mehrere Arbeitgeber und haben ihren Freizügigkeitsbetrag nicht an die neue Pensionskasse überwiesen, weil sie davon ausgingen, dass dies automatisch geschieht.
Wir schreiben also zuerst alle vorherigen Pensionskassen an und erkundigen uns dann auch sicherheitshalber bei der Zentralstelle der 2. Säule, ob noch ein Guthaben für die Person vorhanden ist.
Danach lassen wir alles auf die aktuelle Pensionskasse meiner Freundin überweisen.
Auch sage ich denjenigen, die in einer Partnerschaft leben (d. h. nicht verheiratet sind), dass sie ihren Partner melden sollen, damit er im Rentenfondssystem registriert wird und meine Freundin im Todesfall eine Witwenrente erhält.
Es ist sehr wichtig, das zu Lebzeiten zu tun (sonst kann es sehr kompliziert werden).
Soviel zur 2. Säule.
3. Säule
Danach schaue ich mit ihnen normalerweise das Thema Säule 3a an.
Ich rate ihnen immer, so viel wie möglich in ihrer Säule 3a einzuzahlen(ein Bankprodukt und kein Versicherungsprodukt!!!). Ich empfehle also immer wärmstens VIAC Global 100.
Investitionen
Einige meiner Freundinnen können gut jeden Monat etwas sparen.
Aber, wie so viele Leute (nicht nur meine Freundinnen), investieren sie das Geld nicht … es bleibt auf einem normalen Bankkonto.
Oft wissen sie nicht, wie sie das Ganze angehen sollen … und es interessiert sie auch zu wenig.
Denjenigen, die etwas investieren, es aber nicht selber machen wollen, empfehle ich die “Findipendent” App, denn sie ist leicht verständlich und kann einfach genutzt werden.
Aber sie bleiben doch sehr skeptisch.
Und die meisten bleiben bei ihrem vorsichtigen Sparkonto …
Meine Notizen zur Geschichte von Linda
Psychologie …
Ich mag solche Geschichten.
Ich finde sie inspirierend für Leser, die ihren Weg im Bereich der persönlichen Finanzen noch nicht eingeschlagen haben.
Was ich auch besonders schätze, ist die Konfrontation mit dem, was die Leute hemmt: die Psychologie — während ich mich auf diesem Blog zu oft auf das “Wie” konzentriere.
Aber die meisten Blockaden finden im Kopf statt, nicht in der Art und Weise, wie man etwas angeht …
Eine Notiz für mich selbst, dass ich mich in Zukunft mehr mit diesem Aspekt der persönlichen Finanzen beschäftigen werde!
Dazu, hungrig nach mehr zu sein
Ich hatte das Glück, dass ich eine solide Finanzerziehung genossen habe. Es ging nicht so sehr um das Wie, sondern um die Einstellung: sparen, das Geld nicht aus dem Fenster werfen, die Zukunft planen, im Sommer arbeiten, wenn man Geld haben will, und solche Sachen.
Und auch meine Eltern sind gut mit ihrem Geld umgegangen, sie haben uns mit finanziellen Grenzen aufgezogen.
Diese Technik war besonders effizient, als ich von der Oberschule an die Universität ausserhalb meiner Geburtsstadt wechselte.
Mein Vater hatte eine monatliche Unterstützung berechnet, die ich bekommen würde. Und sonst nichts.
Damit konnte ich die Miete bezahlen und die Grundnahrungsmittel. Keine Extras und nichts …
Das war damals mies 😅
Aber es war auch der entscheidendste Teil meiner finanziellen Erziehung.
Es hat mich hungrig nach mehr gemacht.
Dieser Hunger nach mehr brachte mich dazu, Studentenjobs zu suchen, die jedoch nicht sehr gut bezahlt waren … da dies frustrierend war, hat mich dies dazu angetrieben, mit meinen ersten Freelance-Jobs zu beginnen.
Der Weg war nicht einfach, aber sehr lehrreich.
Deshalb kann ich mich sehr mit der Geschichte von Linda identifizieren.
Und es sind auch solche Geschichten, die mich dazu motivieren, wöchentlich auf diesem Blog zu schreiben: um zu verhindern, dass andere Schweizer sich auf ihr Glück verlassen (einen Job in der Finanzwelt wie Linda zu haben), um in ihren persönlichen Finanzen aufzuräumen und diese wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.
2. Säule
Als ich gelesen habe, was Linda für ihre Freundinnen in Bezug auf ihre 2. Säule macht, d. h. alle ihre Guthaben zu suchen, um sie an einen Ort zu bringen, habe ich mir gesagt:
Kennst du denn kala.ch nicht?!
Dieser Service — der zum Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe, für Privatnutzer noch gratis ist — macht genau dasselbe, was Linda mit ihren Freundinnen gemacht hat …
Nur, dass es dafür nur 3 Minuten braucht ^^
Wenn du in derselben Situation bist, empfehle ich dir, meine detaillierte Bewertung von Kala zu lesen.
3. Säule
Oh Mann, ich liebe dieses Thema :D
Zu allererst, was ich Linda sagen würde, wäre: Du kannst dein System der Säule 3a in Bezug auf die Kosten noch optimieren.
Dazu wechselst du einfach von franky zu finpension, dann fährst du gut mit den beiden besten 3. Säulen, die es gibt, nämlich finpension und VIAC. Und wenn du dich von Zahlen überzeugen lassen möchtest, lies meinen Artikel, in dem ich 3. Säulen vergleiche (mit Willkommenscodes).
Einer meiner Dauerkämpfe auf diesem Blogs sind diese verdammten gemischten 3. Säulen!
Ich rate Linda DRINGEND, ihre Berechnungen zu überprüfen, denn ich bin überzeugt, dass sich ihre gemischte Säule 3a nicht wesentlich von meiner unterscheidet und dass es bei diesen Abzockereien keine Rentabilitätsschwelle gibt …
Überprüfe diesen Punkt einmal mehr anhand meines detaillierten Artikels zum Thema Auflösung der gemischten Säule 3a, denn es ist oft ein grosser Geldbetrag im Spiel.
Investitionen
Ich danke Linda, dass sie mit uns ihre Erfahrung mit ihren Freundinnen geteilt hat, die eine Blockade in Bezug auf die Welt der Investitionen haben.
Erstens hat mir dies gezeigt, dass Linda nicht wusste, dass es mein “Swiss Investor Program” für Anfänger auch auf Deutsch gibt (neben Englisch und Französisch). Jetzt weiss sie es — und du auch :)
Zweitens hat es mir bestätigt, dass nicht jeder vom ersten Tag an bereit ist, selbst zu investieren (das war übrigens vor Jahren auch bei mir der Fall), und dass ich mehr über die ersten Schritte auf dem Weg eines angehenden Investors schreiben sollte.
Denn in der Tat machen Lösungen wie findependent.ch Sinn, wenn man sie mit einem Schweizer Konto oder gar einem Privatkonto vergleicht. Vor allem, weil du damit viel Geld sparen kannst!
Frauen und Geld
Dies ist ein Thema, das ich hier als Mann nicht oft anspreche.
Aber ich finde die Sichtweise von Linda sehr interessant, wenn man bedenkt, dass der Unterschied zwischen den Renten enorm sein kann. Und auch wenn sich nicht jede berufstätige Frau im Rentenalter scheiden lässt, bin ich ebenfalls wie Linda der Meinung, dass jede Frau in der Schweiz die volle Kontrolle und Sorgenfreiheit in Bezug auf ihre persönlichen Finanzen haben sollte.
Dies, um unabhängig zu sein und ein Leben zu führen, in dem sie nicht wegen einer schlechten Finanzplanung ewig arbeiten müssen und auf irgendein Glück hoffen, das vielleicht nie kommt.
Und du, wie hat dich die Geschichte von Linda inspiriert?
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3. Säule in Credit Suisse Fonds investiert, Risiko...