Interview mit JL Collins, dem 'Paten' der FI-Bewegung

Letztes Update: June 14, 2024

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Wenn du mir je gesagt hättest, dass ich eines Tages mit dem Paten der Bewegung der finanziellen Unabhängigkeit sprechen würde, hätte ich dir nicht geglaubt …

Dennoch … es ist wirklich geschehen!

JL Collins ist seit 2011 Autor des Blogs jlcollinsnh.com. Falls du die FIRE-Bewegung schon seit einer gewissen Zeit mitverfolgst, wirst du bemerkt haben, dass er seinen Blog im selben Jahr wie Mr. Money Mustache (MMM) lanciert hat.

Aber im Gegensatz zu MMM, ist JL schon finanziell unabhängig geworden, bevor der Name der Bewegung überhaupt existierte!

Sein Blog hat mir viel gebracht, um die Börse, Aktien, ETFs und Obligationen im Detail zu verstehen. Zu diesem Thema erwartet dich im Übrigen eine Überraschung am Ende des Artikels ;)

Daher danke, JL, für die Motivation, die dein Blog und deine Bücher waren; und vor allem danke an deine Tochter Jessica, ohne die es all das nicht geben würde!

Video-Interview von MP mit JL Collins

Nimm dir eine Tasse Kaffee oder Tee, denn mein Gespräch mit JL dauerte eine gute Stunde :)

Hier kommt also mein Interview mit dem Paten der Bewegung der finanziellen Unabhängigkeit:

Wichtiger Hinweis: Du kannst die deutschen Untertitel aktivieren, wenn sie nicht automatisch erscheinen.

Transkription des Videos

Wenn du das Interview lieber lesen möchtest, anstatt das Video anzuschauen, dann findest du hier die Transkription meines Gesprächs mit JL.


1. Wie lautet dein richtiger Name hinter JL?

Natürlich, das ist James Linton. Linton ist ein Familienname. Daher kommt also das JL.

2. Was bedeutet das “nh” in jlcollinsnh.com?

Ah, also, als ich den Blog ins Leben gerufen habe, wollte ich, dass er meinen Namen trägt, weil ich vorhatte, ihn mit meiner Familie und meinen Freunden zu teilen.

Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich ein Publikum haben würde, sonst hätte ich mir einen kreativeren Namen ausgedacht …

Ich wollte also, dass sie wissen, dass ich es bin. Alle Versionen meines Namens waren schon vergeben. Damals lebten wir in New Hampshire und ich hatte festgestellt, dass ich, wenn ich NH für New Hampshire anhänge, diese URL bekommen könnte.

Daher kommt das. Jetzt leben wir nicht mehr in New Hampshire, daher ist es ein bisschen absurd, aber es ist einfach so. ^^

3. Kannst du uns erzählen, wie du aufgewachsen bist?

Natürlich, ich bin in der Region von Chicago in den USA aufgewachsen und ich bin ein Babyboomer.

Ich bin in den 1950er-Jahren geboren worden, sodass man sich die Zeit vorstellen kann, in der ich erwachsen geworden bin, nehme ich an. Aber am prägnantesten war, dass mein Vater Vertreter eines Herstellers und sehr erfolgreich war. Wir hatten also ein recht komfortables Leben, aber … er rauchte auch Zigaretten.

Da ihn die Zigaretten schwächten und er selbstständig erwerbstätig war, nahm seine Fähigkeit, Geld zu verdienen, ab.

Im Laufe der Zeit änderte sich unsere Situation von einer sehr komfortablen Lage in eine sehr unkomfortable Lage, denn sein Einkommen verschlechterte sich gleichzeitig mit seiner Gesundheit. Zigaretten bringen dich langsam, aber sicher um und schwächen dich auf dem Weg dorthin.

Ich wollte sicherstellen, dass wenn ich eines Tages nicht mehr für Geld arbeiten könnte […], ich Investitionen hätte, die diese Rolle übernehmen würden.

Ich denke, das war eines der Dinge, die meine Art, Geld zu betrachten, beeinflusst haben. Ich hatte seine Fähigkeit, Geld zu verdienen, schwinden gesehen und dies war unsere einzige Einnahmequelle. Ich habe beschlossen, dass ich so schnell wie möglich, sicherstellen wollte, dass wenn ich eines Tages nicht mehr für Geld arbeiten könnte oder dies einfach nicht mehr tun wollte, ich Investitionen hätte, die diese Rolle übernehmen würden […], ich Investitionen hätte, die einspringen würden.

Und mein Vater war kein Investor. Daher ist es vermutlich das, was mich dazu gebracht hat, meine eigene finanzielle Unabhängigkeit zu suchen.

4. Was war der Beruf deiner Eltern?

In meiner Kleinkinderzeit war meine Mutter zu Hause. Aber auch da, als sich der Gesundheitszustand meines Vaters verschlechterte und seine Einnahmen sanken, unterrichtete sie, da sie vor ihrer Hochzeit Lehrerin war, wieder an einer Schule.

Als ich etwas grösser war, ich würde sagen, in der Primarschulzeit, arbeitete meine Mutter die meiste Zeit. Ich war also ein sogenanntes “Schlüsselkind”, das heisst, ein Kind, das nach Hause kommt, ohne dass ein Elternteil anwesend ist.

Du nimmst also das Heft in die Hand und beginnst deinen Tag auf eigene Faust.

5. Was haben dir deine Eltern zum Thema Geld beigebracht?

Geld war in unserem Haushalt eigentlich kein Gesprächsthema. Wir waren, oder ich sollte eher sagen, sie waren eher sparsam. Sie waren eher frugal. Aber nochmals, als alles gut ging, als mein Vater bei guter Gesundheit war und seine Geschäfte gut liefen, lebten wir recht gut.

Das Problem, dass er gesundheitlich angeschlagen war und dennoch versuchte, einen bestimmten Lebensstil aufrechtzuerhalten, wurde natürlich immer grösser.

Als ich an der Reihe war [zur Uni zu gehen], war einfach kein Geld mehr dafür da.

Zum Beispiel habe ich zwei ältere Schwestern. Eine ist zehn Jahre älter als ich und die andere sechs Jahre. Meine Eltern haben ihre Universitätsausbildung bezahlt. Als ich an der Reihe war, war einfach kein Geld mehr dafür da. Ich bin sicher, dass sie es mir bezahlt hätte, wenn sie gekonnt hätten, aber ich musste mich selbst durchschlagen, um zur Uni gehen zu können. Darauf bin ich sehr stolz und es war eine tolle Erfahrung, daher habe ich hierzu keine bösen Gefühle.

Es ist eine Art ein Abbild davon, wie sich das Vermögen der Familie verändert hat.

6. Wie sah deine berufliche Laufbahn aus?

Ich habe Englisch an der Uni studiert, mit dem du fast nichts machen kannst …

Aber als ich an der Uni war, habe ich nicht wirklich darüber nachgedacht, welche Karriere ich machen wollte. Ich weiss, dass das in der heutigen Zeit, in der Eltern und Kinder davon besessen sind, zu welcher Karriere ein Abschluss führen wird, erstaunlich erscheinen mag, aber darüber machte ich mir keine Gedanken.

Als ich mit dem Studium fertig war und begann, einen Job zu suchen, arbeitete meine Schwester bereits in der Werbebranche. So habe ich auch Stellen in dieser Branche gesucht und schliesslich meinen ersten Job bekommen.

Ich brauchte zwei Jahre nach dem Uniabschluss, um meine erste qualifizierte Stelle zu finden. Die 70er-Jahre waren in den USA eine wirtschaftlich schwierige Zeit.

Ich begann im Magazin-Verlagswesen zu arbeiten und dort habe ich den Grossteil meiner Karriere verbracht. Ich bin fast nebenbei in diese Branche gerutscht, was sich als glücklicher Zufall herausstellte, denn es war damals eine ziemlich interessante Tätigkeit, die mir gefiel und in der ich ziemlich gut war.

So war das also mit meiner beruflichen Laufbahn, die nichts mit Investieren zu tun hatte. Investieren war eher eine Leidenschaft als eine Berufung.

7. Kannst du den Neulingen die grundlegenden Konzepte deines Buches “The Simple Path to Wealth” (Der einfache Weg zum Reichtum) vorstellen?

Klar, ich habe drei Bücher herausgebracht.

Das Erste, das ich 2016 veröffentlicht habe, trägt den Titel “The Simple Path to Wealth” und es ist bei Weitem das Buch, für das ich am bekanntesten bin.

Bis anhin wurden weltweit mehr als 700.000 Exemplare davon verkauft.

Ich habe “The Simple Path to Wealth” auf der Basis des im 2011 lancierten Blogs zusammengetragenen Materials geschrieben. Das Ganze war für meine Tochter erstellt worden, weil ich, als sie klein war, versucht hatte, mit ihr über diese Dinge zu sprechen. Aber da ich zu heftig und zu früh damit angefangen und so erreicht hatte, dass sie sich von allem, was mit Finanzen zu tun hatte, abwandte, wollte ich sicherstellen, dass die Informationen verfügbar sind, wenn und sobald sie bereit ist, diese zu hören.

So ist der Blog entstanden und irgendwann habe ich gemerkt, dass es im Blog genug Material gibt, um daraus ein Buch zu machen, damit all diese Informationen prägnanter, besser organisiert und ordentlicher präsentiert werden können.

Eigentlich ist “The Simple Path to Wealth” das, was ich meiner Tochter als finanzielle Strategie empfohlen habe. Die drei Grundsätze sind die folgenden:

  1. Vermeide Schulden
  2. Lebe mit weniger als du verdienst
  3. Investiere die Differenz (genauer gesagt, investiere sie in globale Indexfonds mit niedrigen Kosten)
Das Buch 'The Simple Path to Wealth' von JL Collins

Das Buch 'The Simple Path to Wealth' von JL Collins

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Das zweite Buch war “How I lost money in real estate before it was fashionable” (was auf Deutsch so viel bedeutet wie: “Wie ich mit Immobilien Geld verlor, bevor dies in Mode kam”). Es handelt es sich um ein sehr kurzes Buch. Es ist wunderbar illustriert. Es handelt sich also gewissermassen um eine Warnung.

Es ist die Geschichte des allerersten Immobilienobjekts, das ich gekauft habe, eine Wohnung in Chicago, was ein Desaster von Anfang bis zum Schluss war, bis ich sie wieder losgeworden bin.

Es hat sehr viel Zeit gebraucht, bis ich darüber lachen konnte, aber als ich einmal in diesem Stadium war, sagte ich mir, dass ich die Geschichte zu einem unterhaltsamen Buch machen und dies vielleicht den Leuten helfen könnte, nicht dieselben Fehler wie ich zu machen.

Es ist sehr kurz, es ist amüsant, es ist eine humorvolle Geschichte und, wie ich gesagt habe, es ist sehr gekonnt illustriert. Nicht von mir. Ich bin kein Illustrator.

Das 'How I Lost Money in Real Estate Before It Was Fashionable: A Cautionary Tale' von JL Collins

Das 'How I Lost Money in Real Estate Before It Was Fashionable: A Cautionary Tale' von JL Collins

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Das aktuellste Buch, das im letzten Herbst herausgekommen ist, ist dieses hier [JL zeigt das Buch in die Kamera] : “Pathfinders”. Es ist ein Buch, das ich, buchstäblich, seit Jahren schreiben wollte.

Kurz nachdem “The Simple Path to Wealth” erschienen war, vielleicht sechs oder acht Monate nach seiner Veröffentlichung, bekam ich Anrufe von Personen aus der ganzen Welt, die mir erzählten, wie sie die Prinzipien von “The Simple Path to Wealth” auf ihre persönliche Situation angewandt hatten.

Das hat mich oft fasziniert, denn ursprünglich hatte ich diesen Text für eine einzige Person verfasst.

Ich hatte ihn für meine Tochter geschrieben.

Sie war damals an der Uni, also am Anfang ihres Wegs. Und sie ist Amerikanerin, daher ist es ein Buch, dass sich auf die USA konzentriert.

Trotzdem gibt es Menschen jeden Alters und in jeder Lebensphase, Menschen, die Schulden angehäuft haben, die sie loswerden müssen, oder Menschen, die vielleicht Investitionen getätigt haben und merken, dass sie nicht so gut waren und die sie deshalb loswerden müssen. Menschen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Gegebenheiten in Bezug auf das, was ihnen im Hinblick auf Investitionen zur Verfügung steht.

Alles haben einen grossen Mehrwert in “The Simple Path to Wealth” gefunden.

Ich hörte also diese Berichte, die mir ganz klar zu verstehen gaben, dass es sich um einen Weg handelt, der allen offensteht.

Einer der Punkte, die mir beim Schreiben des Blogs aufgefallen sind, ist, dass viele Leute in der Community der finanziellen Unabhängigkeit denken, dass das alle einwandfrei funktioniert, wenn du ein diplomierter Ingenieur bist und einen sechsstelligen Lohn hast, aber nicht für alle übrigen unter uns.

Das stimmt ganz einfach nicht.

Und “Pathfinders” ist eine Sammlung von 100 Geschichten aus der ganzen Welt, von Menschen in verschiedenen Lebensphasen, mit unterschiedlichen Hintergründen, aus diversen Ländern. Es beinhaltet Geschichten aus allen Kontinenten, ausser der Antarktis. Dann kontaktierte mich jemand, der in der Antarktis stationiert war und sagte mir: “Wie gern hätte ich dein Buch schon früher gekannt, denn es hat einen grossen Einfluss.” Aber diese Geschichte ist nicht im Buch.

Was jedoch auffällt, ist, dass es einige Personen gibt, die dem Profil des Ingenieurs aus dem Silicon Valley mit hohem Einkommen entsprechen. Das trifft auf ein Ehepaar aus Ohio zu, das ins Silicon Valley zog, dort so kostengünstig wie möglich lebte, sein Geld sparte, viel Geld verdiente und dann nach Ohio zurückkehrte, wo die Lebenskosten viel tiefer sind.

Aber es hat auch Geschichten von anderen Personen. Zum Beispiel ein Mann, ein Arbeitsmigrant, der im Bereich der Obsternte tätig war, mit bescheidenen Anfängen.

Darum gefällt er mir, denn er beweist, dass es wirklich ein Weg ist, der all jenen offensteht, die ihn einschlagen wollen.

Das Buch 'Pathfinders' von JL Collins

Das Buch 'Pathfinders' von JL Collins

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8. Kannst du das Gleichnis des Mönchs und des Ministers erklären?

“The Simple Path to Wealth” beginnt mit einem Gleichnis.

Es handelt sich um eines der Gleichnisse, die mir von denen, die ich in den letzten Jahren gehört habe, am besten gefallen.

Das Gleichnis erzählt die Geschichte von zwei Buben, die älter werden und von denen jeder seinen Weg geht. Jahre später, als sie erwachsen sind, treffen sie sich auf der Strasse.

Einer von ihnen ist ein bescheidener Mönch mit einem Korb eines Bettlers geworden, der andere hingegen ein sehr erfolgreicher und reicher Minister des Königs.

Als sie sich auf der Strasse begegnen, freuen sie sich, sich zu sehen und die verlorene Zeit aufzuholen.

Ich glaube, sie bereiten sich darauf vor, quasi Sklaven ihrer Arbeit zu sein.

Der Minister schaut sich seinen Freund in seiner zerschlissenen Kleidung an und möchte ihm helfen. Also sagt er zu dem Mönch: Wenn du lernen würdest, dem König zu dienen, müsstest du dich nicht von Reis und Bohnen ernähren."

Worauf der Mönch antwortet: “Wenn du lernen würdest, mit Reis und Bohnen zu leben, müsstest du nicht dem König dienen.”

Für mich ist es die Art und Weise, wie wir unser Leben führen.

Ich war immer näher beim Mönch.

Ich wollte immer mit weniger leben, den Unterschied investieren und meine finanzielle Unabhängigkeit sichern.

Die Leute leben von der Hand in den Mund, geben alles aus, was sie verdienen und verschulden sich, um mehr zu kaufen, um einen bestimmten Lebensstil aufrechtzuerhalten. Ich glaube, sie bereiten sich darauf vor, quasi Sklaven ihrer Arbeit zu sein.

9. Hat deine Frau schon Schulden gemacht? Und deine Tochter?

Zum Glück haben weder meine Frau noch meine Tochter jemals Schulden gemacht.

Weisst du, ich erzähle dir eine amüsante Anekdote darüber, was ich immer den Leuten gesagt habe, nämlich, dass man mit der Person, die man heiraten möchte, immer über Geld sprechen sollte, denn Geld ist der grösste Stressfaktor in einer Ehe und die Hauptkosten einer Scheidung entstehen aufgrund der verschiedenen Einstellungen der Leute zu diesem Thema.

Bei unserem ersten Rendez-vous hast du mir gesagt, dass ich 50 % meines Einkommens sparen sollte!

Aber gewöhnlich sagte ich, weisst du, ich hatte einfach Glück, weil, als Jane und ich einander dateten, haben wir nie über Geld gesprochen. Ich erzählte diese Geschichte einmal vor ihr und sie unterbrach mich und sagte: Was redest du da? Wir haben nie von Geld gesprochen? Bei unserem ersten Rendez-vous hast du mir gesagt, dass ich 50 % meines Einkommens sparen sollte!"

Ich denke also, dass ich darüber rede, ohne dass es mir bewusst ist.

Sie war sehr frugal und ging sehr verantwortungsbewusst mit Geld um. Nicht wie ich. Sie hat sich nie verschuldet.

Wie du weisst, ist es wirklich so, dass wenn du “The Simple Path to Wealth” befolgst, wie wir das getan haben, dann wirst du schlussendlich über die Jahre hinweg reich.

Wir verfügen also heute über viel mehr Ressourcen als am Anfang, als wir geheiratet haben.

Aber wenn man sich gewohnt ist, jedenfalls sind wir uns gewohnt, frugal zu sein, was uns nützlich war, um dorthin zu kommen, wo wir jetzt sind, dann ist das nicht unbedingt das, was wir brauchen, jetzt, wo wir an diesem Punkt sind.

Ich versuche also ständig, meine Frau dazu zu bewegen, auszugehen und Geld auszugeben, was, ich weiss es, den Erfahrungen der meisten Leute widerspricht.

Ich scheitere ständig dabei, denn sie interessiert sich in den meisten Fällen nicht für Dinge, die man mit Geld kaufen kann.

10. Was war schon immer ein Problem in deiner Familie bezüglich Ausgaben (die du gerne reduzieren möchtest)?

Offen gestanden, gibt es keines.

Weisst du, als ich meine erste qualifizierte Stelle bekam, war der Lohn dafür 10.000 Dollar pro Jahr.

Nochmals, das war 1974, es war also mehr Geld, als es heute den Anschein hat, aber es war trotzdem nicht viel.

Ich habe willkürlich beschlossen, mit der Hälfte dieses Betrags zu leben.

Ich kannte Leute, die mit 5.000 Dollar pro Jahr lebten, also wusste ich, dass ich das auch konnte.

Ich habe damals einen Lebensstil in der Stadt Chicago geschaffen, mit dem ich mir erlauben konnte, mit diesen 5.000 Dollar zu leben. Somit konnte ich restlichen 5.000 Dollar freimachen, um damit zu beginnen, mir meine Freiheit zu erkaufen, was ich, selbstverständlich, mit Investitionen getan habe.

Wir hatten also niemals wirklich Schwierigkeiten und, wie ich bereits gesagt habe, meine Frau ist auch sehr sparsam, sehr vorsichtig im Umgang mit Geld.

Wir hatten also nie Ausgaben, die wir überprüft haben und bei denen wir gesagt haben, dass wir sie wirklich kürzen müssen.

Wie ich gesagt habe, ist unser Problem sehr gegensätzlich, in diesem Lebensstadium, wo wir viel mehr Geld ausgeben könnten, als wir es tun.

Aber wir verzichten nicht auf das, was wir wirklich wollen. Es ist einfach, um auf das Gleichnis des Mönchs und des Ministers zurückzukommen, dass unsere Wünsche eher bescheiden sind.

Aber, zum Beispiel, eine der Annehmlichkeiten, die wir uns in den letzten Jahren gegönnt haben, ist beim Fliegen. Wir reisen in der ersten Klasse. Das ist teuer. Aber es macht etwas angenehm, was ich nicht gerne tue, nämlich, zu fliegen.

Das ist ein so unangenehmes Prozedere heutzutage, noch viel mehr als zu einer Zeit, als ich für meine Arbeit den Flieger nehmen musste, und wenn ich etwas Geld ausgeben kann, um es ein bisschen weniger beschwerlich zu machen, dann tue ich das gerne.

Wir zögern also nicht, Geld auszugeben, wenn wir denken, dass dies unser Leben verbessert.

Aber Warren Buffett hat einmal eine schöne Geschichte erzählt.

Er kauft selten Autos.

Und er sagt: “Ich kaufe nur ein neues Auto, wenn mir meine Tochter sagt: ‘Papa, dieses Auto ist langsam wirklich nicht mehr empfehlenswert.’”.

Warren Buffett, der so um die 100 Milliarden schwer ist, kann es sich erlauben, alle Neuwagen zu kaufen, die er will. Und er antwortete also: “Ich will nicht die Hälfte meines Tages damit verbringen, ein Auto zu kaufen.”

Da bin ich ziemlich einer Meinung mit ihm.

Weisst du, wir kaufen uns nicht häufig Autos.

Wenn der Prozess einfacher und transparenter wäre, würden wir das vielleicht auch tun. Aber wenn ich einen halben oder einen ganzen Tag damit verbringen muss, ein Auto zu kaufen, dann ist das nicht die Art und Weise, wie ich meine Zeit verbringen möchte.

11. Wie gehst du mit der Inflation deines Lebensstils um?

Ja, also die Inflation des Lebensstils.

Um es schnell zu definieren, wenn die Leute mit der Ausbildung fertig sind und beginnen zu arbeiten und sie auf ihrer Karriereleiter aufsteigen und beginnen, mehr zu verdienen, neigen sie dazu, je mehr Geld auszugeben, desto mehr sie verdienen. Manchmal geht es sogar noch darüber hinaus und sie leihen Geld, um einen gewissen Lebensstandard aufrechtzuerhalten.

Das nennt man Inflation des Lebensstils: wenn dein Einkommen zunimmt, wenn dein Einkommen zunimmt, expandiert auch dein Lebensstil immer mehr und manchmal sogar schneller als dein Einkommen.

Die Inflation des Lebensstils ist ein sehr gefährlicher Weg.

Das ist ein sehr gefährlicher Weg.

Über dieses Thema zu sprechen, ist für eine Herausforderung für uns, denn, wie sich die Leute jetzt wahrscheinlich denken können, sind wir nie in diese Falle getappt, weil ich diese strikte Regel hatte, dass wir mit der Hälfte unseres Einkommens auskommen.

Das bedeutet natürlich, dass unser Lebensstandard gestiegen ist, aber in einem sehr kontrollierten Tempo.

Ich habe bereits erwähnt, dass mir mein erster qualifizierter Job nach meinem Universitätsstudium 10.000 Dollar pro Jahr eingebracht hat und ich folglich mit 5.000 Dollar lebte.

Dann, als ich 20.000 Dollar pro Jahr verdient hatte, verdoppelten sich auch die Ausgaben für meine Lebenshaltung.

Sie stiegen von 5 auf 10.000 an.

Natürlich verdoppelte sich damit auch der Betrag, den ich investierte.

Ich befand mich also in einer immer solideren finanziellen Lage, bis ich 100.000 Dollar verdiente. Heute lebe ich mit 50.000 Dollar.

Es gab also sicher eine Inflation meines Lebensstils, aber in einem sehr kontrollierten Tempo aufgrund dieses finanziellen Ansatzes.

Aber das Wichtigste für mich war, dass der Betrag, den ich sparte und investierte, ebenfalls anstieg. Dies brachte mich natürlich in eine immer stärkere finanzielle Position.

12. Wie würdest du empfehlen, die Sparquote einer Person zu berechnen (Einkommen vor oder nach Steuern) und warum?

Weisst du, darüber mache ich mir nicht wirklich viele Gedanken.

Das ist eine der Fragen, die man mir ziemlich häufig stellt.

Es sieht so aus, als ob die Leute wie besessen von dieser Frage wären.

Ich glaube, wenn jemand 50 % von seinem Einkommen sparen will, dann ist es klar, dass wenn er 50 % vor Steuern zur Seite legt, dass dieser Betrag dann höher ist.

Wenn du ihn nach Steuern sparst, dann weisst du, dass 50 % von deinem Einkommen einen kleineren Betrag ergeben.

Es kommt darauf an. Meine Sparquote war vor Steuern. Zu Beginn verdiente ich 10.000 Dollar pro Jahr. Das war mein Lohn und ich habe ganz einfach 5.000 Dollar von diesem Betrag genommen.

Du kannst deine Sparquote auf die eine oder andere Art berechnen, wie es dir am besten passt.

Klar, damals, mit diesem Einkommensniveau, zahlte ich nicht viel Steuern. Aber auch als sich mein Einkommen erhöhte, als ich in höhere Steuerklassen kam und mehr Steuern bezahlte, habe ich es immer vom Lohn aus betrachtet, dem Gesamteinkommen, das ich vor Steuern verdiente.

Das bedeutete natürlich, dass der Betrag in Dollar grösser war.

Aber eigentlich kannst du es onehin machen. Je nachdem, was dir angenehmer ist.

13. Wie hast du dein Finanzsystem konkret eingerichtet, um sicherzustellen, dass du konsequent 50 % sparst?

Am Anfang war es manuell, weil es keine Möglichkeit gab, es automatisch zu tun …

Ich nehme an, dass es mehr Disziplin braucht, wenn man es manuell macht, aber ich für mich hat sich das nicht so angefühlt, denn ich glaube, es ist wichtig zu verstehen, dass das für mich kein Opfer, keine Entbehrung war, das zu tun, diese 50 %, die ich in Ersparnisse und Investitionen gesteckt habe.

Ich gab dieses Geld aus, um das Wichtigste zu kaufen, von dem ich glaubte, dass ich es mit meinem Geld kaufen könnte: meine finanzielle Freiheit.

Ich gab dieses Geld aus, um das Wichtigste zu kaufen, von dem ich glaubte, dass ich es mit meinem Geld kaufen könnte, nämlich meine finanzielle Freiheit.

Du kaufst deine finanzielle Freiheit, deine finanzielle Unabhängigkeit, indem du Investitionen erwirbst.

Ich habe mich also regelrecht darauf gefreut, meinen Lohn zu bekommen und diesen Teil des Geldes zu nehmen und einzusetzen, so wie sich jemand, dem vielleicht ein schickes Auto oder teure Kleidung wichtig ist, darauf freut, diese Dinge zu kaufen.

Es war also nicht schwierig für mich, denn es war meine Priorität.

Ich kaufte die Sache, die für mich in der heutigen Zeit am wichtigsten ist.

Als es möglich wurde, habe ich das Ganze automatisiert. Das Geld wurde also investiert, ohne dass ich daran denken musste. Das würde ich empfehlen, weil es heute verfügbar ist und ich alt bin.

14. Welches ist das beste Buch, um den Kapitalismus zu verstehen, seine guten und schlechten Seiten, ohne politische Aspekte?

Zuerst einmal, ich bin ein grosser Fan des Kapitalismus.

Weisst du, die Welt ist viel gesünder, sauberer und reicher geworden als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in der Geschichte.

Der Kapitalismus ist der Hauptverantwortliche dafür.

Er hat mehr Möglichkeiten eröffnet, mehr Freiheit und einen höheren Lebensstandard für mehr Menschen als dies je zuvor der Fall war.

Ich bin also ein entschiedener Verfechter.

Wenn du “The Simple Path to Wealth” folgst, indem du in börsenkotierte Unternehmen investierst, bist du per se ein Anhänger des Kapitalismus. Vermutlich.

Ich weiss nicht, ob dies ein Buch über Kapitalismus per se ist, aber eines meiner Lieblingsbücher, das veranschaulicht, was ich soeben gesagt habe, heisst “Factfulness” und es wurde von einem Schweden geschrieben, der inzwischen verstorben ist.

Aber was er gemacht hat, ist 200 Jahre oder so zurückzuschauen und die Zahlen objektiv anzuschauen, oder?

Dinge wie Kindersterblichkeit, Todesfälle bei Kindern und die Sterberate bei Kindern, weisst du, die Lebenserwartung, das Einkommen und er hat die Verbesserungen gemessen.

Es steht ausser Frage, dass trotz Krieg, Gewalt und all diesen Dingen jeder einzelne Indikator deutlich besser geworden ist.

Wenn du also ein Gedankenexperiment machen würdest und sagen wir, weisst du, du könntest wählen, zu welchem Zeitpunkt in der Geschichte du geboren werden möchtest, für welchen würdest du dich entscheiden?

Ich würde sagen, wenn jemand eine andere Zeit in der Geschichte wählt als die jetzige, dann sollte er sich etwas besser mit Geschichte befassen, denn die Lage war noch nie besser.

Das bedeutet nicht, dass es keine Herausforderungen und Probleme gibt.

So gibt es sicherlich immer noch Menschen auf der Welt, die in bitterer Armut leben. Doch der Prozentsatz der Menschen, die in bitterer Armut leben, war noch nie so niedrig wie heute und er ist weiterhin rückläufig.

Sicherlich gibt es Herausforderungen, ökologische Herausforderungen, aber die Luft und das Wasser sind heute viel sauberer als in meiner Kindheit.

Ich bin ein alter Mann, aber das war erst in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, oder? Ich erinnere mich an die Zeit, als man verschmutzte Seen einfach so hingenommen hat. Damals dachte niemand daran, sie zu säubern. Jetzt sind diese Seen aus meiner Kindheit Erholungsgebiete, in denen die Leute fischen, Boot fahren und schwimmen.

Die Lage sich also klar verbessert.

Das merkt man nicht, wenn man der Tagespresse zuhört.

Das liegt unter anderem daran, dass unsere Welt mittlerweile so vernetzt ist, dass wir sofort informiert werden, wenn irgendwo auf der Welt etwas Schlimmes passiert.

Ich denke, das ist gut so.

Aber der Nachteil ist, dass die Menschen dadurch gerne glauben, dass nur schlechte Dinge passieren und die Lage noch nie so schlimm war wie heute.

Ich höre, dass die Leute dies sagen und das ist ganz einfach absurd.

Daher ist “Factfulness” ein Buch, das sich auf Daten stützt. Es handelt sich um Dinge, die wir messen können und die Ergebnisse sind sehr überzeugend.

Daher kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen.

Das Buch 'Factfulness' von Hans Rosling

Das Buch 'Factfulness' von Hans Rosling

“Factfulness” bestellen >

15. Du sagst in deinem Buch: “Gut gemacht, kann [Stock Picking funktionieren]”. Jedoch bereust du, dass du nicht schon früher indexbasierte Investitionen gewählt hast. Wie kommt das?

Indexierung ist das Beste, das ist keine Frage.

Weisst du, Jack Bogle hat 1975 den ersten Indexfonds erstellt und per Zufall entspricht das dem Jahr, in dem ich zu investieren begonnen habe.

Damals kannte ich die Indexfonds nicht.

Ich kannte Jack Bogle, ich hatte nie etwas über ihn gehört.

Erst 1985 habe ich selbst von Index-Anlagen gehört.

Ich habe viel Zeit gebraucht, um die Wirksamkeit dieser Methode richtig schätzen zu lernen.

Es gab einen enormen Widerstand gegen Indexfonds, weil die Investmentgemeinschaft erkannte, dass dies eine Bedrohung für die sehr hohen Gebühren und Provisionen darstellte, die sie ihren Kunden berechneten.

Sie versuchten also mit allen Mitteln, dieses Konzept in seiner Wiege zu ersticken.

Sie haben es verhöhnt.

Sie haben es schlechtgeredet.

Sie sagten, es könne unmöglich funktionieren.

Aber bis zum heutigen Tag, mehrere Jahrzehnte später, sind zahlreiche Recherchen zum Thema durchgeführt worden und es besteht kein Zweifel, dass es funktioniert, und zwar besser als jede andere Lösung.

Nun, ich denke, was irritierend für gewisse Personen ist und was mich davon abgehalten hat, es früher zu nutzen, ist, dass es nicht so wäre, dass Stock Picking nicht funktionieren könnte.

Es geht also nicht darum, zwischen einer schlechten Sache und einer guten Sache zu wählen. Es geht darum, zwischen einer guten Sache und einer noch besseren Sache zu wählen. Wenn du schon in einer guten Sache engagiert bist, in diesem Fall dem Stock Picking, und noch einmal, Stock Picking kann effizient sein, wenn du es gut machst, aber die meisten Leute machen es nicht gut und verlieren darum Geld.

Das sind dann die Leute, die du sagen hörst: *“Oh, die Börse, das ist wie ein Casino, du zockst ganz einfach, das ist alles.”

Nun, das ist, weil diese Leute nicht wirklich verstehen, wie es funktioniert und wie man investiert.

Stock Picking kann effizient sein, aber es erfordert grosse Anstrengungen.

Die Recherchen sind in diesem Studium ziemlich überzeugend. Es sind grosse Anstrengungen für ein Resultat, das vermutlich gut sein wird, aber nicht so gut wie beim Investieren in Indexfonds, bei dem überhaupt keine Anstrengungen notwendig sind.

Als ich verstanden habe, dass ich ein besseres Resultat ohne Anstrengungen erzielen konnte, während ich ein ziemlich gutes Resultat mit grossen Anstrengungen erzielte, drängte sich der Wechsel zur Indexierung als logische Konsequenz auf.

16. Warum sollten nur US-Investoren sich ausschliesslich für Aktien ihres Heimatlandes entscheiden, ohne dass internationale Aktien benötigt werden? Hast du einen wirtschaftlichen Beweis dafür, dass dies nicht auch für China oder Indien gelten könnte?

Also, aktuell und seit dem Zweiten Weltkrieg sind die Vereinigten Staaten das bei Weitem dominierende Land, wenn es um auf dem Börsenmarkt verfügbare Aktien geht.

Ich weiss nicht mehr genau, wie hoch der Prozentsatz ist, aber ich glaube, die USA machen über 50 % der weltweiten Aktien aus.

Du hast recht, dass China und Indien schnell wachsende Volkswirtschaften sind, aber ihre Aktienmärkte machen nicht annähernd einen so grossen Prozentanteil an der Weltwirtschaft aus wie die der Vereinigten Staaten.

Es kann sein, dass es in Zukunft für die Bewohner dieser Länder möglich ist, Aktien nur auf ihrem eigenen Markt zu kaufen. Aber im Moment würde ich dies niemandem anderen als den Amerikanern raten.

Ich denke, dass die Zeit kommen wird, in der dies auch für die Amerikaner nicht mehr gilt.

Denn was gerade geschieht, ist, dass der Rest der Welt wächst und prosperiert, was der Fall ist, wie dies das Buch “Factfulness” so schön illustriert. Der globale Kuchen wird immer grösser, wofür China und Indien ausgezeichnete Beispiele sind.

Der Anteil der USA an diesem Kuchen sinkt kontinuierlich seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute.

Das ist keine schlechte Sache für die USA, denn der Kuchen selbst hat sich so stark vergrössert, dass unser kleines Kuchenstück für die Wirtschaft insgesamt viel grösser ist.

Es ist also immer noch eine gute Sache.

Natürlich ist die Mehrzahl der grossen US-Unternehmen von Natur aus international. Wenn ich also in den amerikanischen Aktienmarkt investiere, profitiere ich auch vom Wachstum dieser weltweiten Märkte.

Aber wenn ich in einem anderen Land wäre, würde ich vermutlich einen internationalen Fonds kaufen, der in den USA investiert, selbstverständlich, aber der proportional investiert, sodass etwa 50 % des Fonds in den USA wäre und proportional dazu in anderen Ländern.

Vielleicht kommt es einmal so weit, dass ich diesen Tipp auch meiner Tochter und anderen Amerikanern geben werde. Aber im Moment, als Amerikaner, glaube ich, dass man komfortabel nur in den USA investieren kann und damit gut fährt.

17. Sollte ich als Schweizer (oder europäischer) Investor, der in der Schweiz lebt, nur in den S&P500 investieren, oder sollte ich mich an den Vanguard VT ETF halten?

Wie ich es dir eben gesagt habe, glaube, ich, wenn ich, wie du und viele deiner Leser, Europäer wäre, würde ich in den internationalen Fonds investieren, den VI, glaube ich [Korrektur MP: Es ist der VT ETF]. Du könntest sicher auch in den S&P 500 investieren und das, was ich tue, reproduzieren.

Dieser Fonds, der VI, hat in den letzten zwei Jahrzehnten eine ziemlich spektakuläre Outperformance erzielt.

Aber solche Dinge sind zyklisch.

Viele Leute sagen sich, dass vielleicht der Moment für uns Investoren gekommen ist, uns internationalen Aktien zuzuwenden, weil sie attraktiver bewertet sind und vielleicht haben sie recht damit.

Ich denke also, wenn ich an eurer Stelle wäre, dann würde ich weiterhin so investieren, wie ihr es tut [das heisst in den VT ETF].

18. Wieso sagt man, dass sich die Märkte immer erholen?

Weil die Menschen fleissig sind und sich immer bemühen, die Dinge zu verbessern. Das ist eine der schönen Seiten des Kapitalismus, weil er die Leute ermutigt, arbeitsam zu sein und neue und kreative Ideen zu finden und er belohnt sie dafür.

Weisst du, der Kapitalismus bedeutet ganz einfach, dass Einzelpersonen in der Lage sind, Dinge und Produktionsmittel zu besitzen.

In anderen Wirtschaftssystemen besitzen und kontrollieren alles die Politiker. Darin liegt der Unterschied.

Wenn man den Leuten Macht gibt und sie belohnt und ihnen erlaubt, die Früchte ihrer Arbeit und ihrer Bemühungen zu ernten, dann vollbringen sie ausserordentliche Dinge.

Zum Beispiel, wenn man die Klimaerwärmung betrachtet, eine der zentralen Fragen unserer Zeit, dann ist meine Meinung, dass wir dieses Problem lösen müssen und ich denke, das wird dank des Kapitalismus geschehen.

Und zwar, weil innovative und kreative Personen sich etwas einfallen und eine Lösung finden werden. Wenn sie das tun, werden sie sich und ihr Umfeld vermutlich sagenhaft reich machen.

Ich erachte das für eine wunderbare Sache, wunderbar in allen Belangen.

19. Warum sagt man, dass die Märkte immer aufwärtsgehen?

Zunächst einmal kann man diesbezüglich bei einzelnen Unternehmen nicht sicher sein, denn sie haben, wie Menschen, eine Lebensdauer, nicht wahr?

Sie entwickeln sich und werden immer stärker, wenn sie erfolgreich sind.

Schlussendlich verschwinden sie, wenn neue, jüngere, aggressivere und kreativere Unternehmen auftauchen und ihren Platz einnehmen.

Das Schöne an einem Fonds wie dem VTSAX [Anmerkung von MP: oder dem VT ETF für uns hier in der Schweiz], ist, dass ich mir keine Gedanken darüber machen muss, denn egal, welche Firma sich gerade entwickelt und floriert, ich werde sie besitzen, und zwar mit einem immer höheren Prozentanteil. Dass diese Fonds in Abhängigkeit der Kapitalisierung gewichtet werden, bedeutet ganz einfach, dass je grösser und erfolgreicher ein Unternehmen ist, desto höher ist der Prozentanteil des Fonds, den sie repräsentiert.

Dann, wenn die Unternehmen zu verschwinden beginnen, sinkt der Prozentanteil, den du besitzt und schliesslich verschwinden sie ganz aus dem Index.

Man bezeichnet dies als Selbstreinigungsverfahren.

Der Index ist also immer selbstreinigend.

Ich muss mir nie Gedanken darüber machen, ob ich das richtige Unternehmen gewählt habe oder nicht, denn ich besitze sie alle.

Ich muss mir also nie Gedanken darüber machen, ob ich das richtige Unternehmen gewählt habe oder nicht, denn ich besitze sie alle. Und die, die es an die Spitze schaffen, werden mir gehören, wenn sie es schaffen.

Einer der Kritikpunkte an einem Fonds wie dem VTSAX, der als Indexfonds des gesamten US-Aktienmarktes in alle in den USA börsennotierten Unternehmen investiert, ist, dass er, wenn man den prozentualen Anteil des Fonds betrachtet, derzeit sehr stark in Technologieunternehmen gewichtet ist.

Manche Leute sagen, dass das ein Problem ist, da du nur einen Technologie-Fonds besitzt.

Was passiert, wenn es der Technologiebranche nicht gut geht?

In meiner Welt ist das kein Problem, es ist ein Merkmal, nicht wahr?

Denn im Moment ist es Technologie.

Aber ich bin ein alter Mann.

Ich weiss also nicht, wie lange Technologie an der Spitze bleibt, aber ich muss mir darüber weder Sorgen machen noch mich fragen, was sie zu gegebener Zeit ersetzen wird, denn ich werde der Besitzer davon sein.

Das ist ein Merkmal.

Weil die Menschen kreativ sind, haben wir ausserordentliche Erfolge in der Technologiebranche erlebt, die den Leuten helfen, noch produktiver und kreativer zu werden - und jedes Mal, wenn eine neue Innovation auftaucht, wird sie sofort verfügbar und kommt der ganzen Welt zugute.

Wenn du an die Zeit denkst, als wir Jäger und Sammler waren und jemand innerhalb des Stamms eine bessere Art fand, um eine Steinaxt herzustellen, dann wusste niemand anderes als die Stammesmitglieder von dieser neuen Technologie. Allerhöchstens konntest du mit den Stämmen in deiner unmittelbaren Nachbarschaft Handel treiben.

Aber wenn du jetzt einen Weg findest, ein besseres Was-auch-immer zu entwickeln, wird das sofort bekannt, und dann können andere Leute darauf aufbauen und ihre Ideen einbringen.

Wir leben also in einem goldenen Zeitalter, finde ich.

Nun, könnte das entgleisen?

Natürlich könnte es entgleisen.

Ich meine damit, wenn wir in einen nuklearen Krieg verwickelt werden, dann sind die Würfel gefallen.

Das hängt auch vom Kapitalismus als Wirtschaftssystem ab, denn er bringt die Dinge zum Florieren.

Wenn der Kapitalismus durch etwas anderes ersetzt wird, das die Menschen nicht zu Innovationen ermutigt und sie nicht dafür belohnt, nun, dann steht es vor dem Aus.

Es gibt also keine Garantie, dass es ewig anhält.

Aber was ich sagen will, ist, dass, wenn diese Dinge passieren, es keine Rolle mehr spielt, wo du investiert hast. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass diese Dinge in unmittelbarer Zukunft eintreten werden.

Eine der grossen Themen im Moment ist etwa künstliche Intelligenz, die die Kontrolle über die Menschheit übernehmen und sie vernichten könnte. Die einen denken, dass dies überhaupt kein Risiko darstellt. Andere wiederum denken, dass uns vielleicht noch fünf Jahre bleiben, bevor wir ausgerottet werden.

Ich weiss nicht wirklich, wie es sich verhält.

Aber ich weiss, dass wenn wir nicht ausgerottet werden, dass KI dann extrem nutzbringend ist.

Und wenn wir ausgerottet werden, dann wird es keine Rolle spielen ^^.

20. Warum empfiehlst du die Strategie “Dein Alter in Obligationen und den Rest in Aktien” NICHT?

Die traditionelle Denkweise über den Obligationenprozentsatz in einem Portfolio richtet sich stark nach dem Alter.

Die Idee dahinter ist, dass man mit zunehmendem Alter konservativer bei seinen Investitionen werden möchte. Du willst, dass sie weniger volatil sind. Aktien bieten dir die grösstmöglichen Renditen, aber sie sind sehr volatil, das heisst, sie steigen und fallen stark, was beängstigend sein kann.

Obligationen hingegen sind tendenziell viel flexibler, aber sie bieten nicht dieselben Wachstumschancen.

Es gilt also, eine Balance dazwischen zu finden.

Die traditionelle Sichtweise der Dinge, dass du nach dem Studium 40 Jahre und länger arbeitest und dann in den Ruhestand gehst.

Daher kommt die Formel, die du beschrieben hast.

Aber was ich in der Community der finanziellen Unabhängigkeit feststelle, ist, dass das nicht mehr stimmt.

Es gibt Leute, die sparen und investieren aggressiv, gehen um die Dreissig in den Ruhestand und haben dann keine Einnahmen mehr. Die wollen vielleicht in ihrem jungen Alter Obligationen hinzunehmen, um die Lage etwas abzumildern.

Dann vielleicht mit 40 haben sie eine Firma gegründet, die langsam erfolgreich wird und dann entscheiden sie sich ganz einfach dafür, wieder zu arbeiten.

Nun, vielleicht wollen sie jetzt wieder voll in Aktien investieren, weil sie erneut ein berufliches Einkommen haben, mit dem sie die Auswirkungen der Volatilität der Wirtschaft abfedern können.

Ich glaube also, dass wir in einer anderen Welt leben.

Die andere Sache, die mich an dieser traditionelleren Formel stört, ist, dass sie davon ausgeht, dass du nur für das eigene Leben investierst.

Die Statistiken zeigen jedoch, dass das nicht stimmt.

Selbst wenn die Leute die Absicht haben, dies zu tun.

Die meisten Leute, die sparen und investieren, geben das Geld nach ihrem Ableben weiter. Daher, wenn ich mein Portfolio anschaue, investiere ich nicht nur für mein eigenes Leben, sondern für meine Erben und für die karitativen Organisationen, die ich unterstütze.

Daher bin ich aggressiver, denn ich will ein Wachstum für diese Dinge.

Ich habe also einen Horizont, der über mein eigenes Leben hinausgeht.

21. Die Schweiz erhebt keine Kapitalertragssteuer. Wozu inspiriert dich das?

Ja, ich kann mich daran erinnern, das gesehen zu haben, als du mir die E-Mail geschickt hast und ich wusste das nicht und ich beneide dich darum.

Ich möchte damit sagen, dass die Vorstellung, keine Kapitalertragssteuer auf deine Investitionen zu haben, ist natürlich sehr verlockend. Ich denke, dass das eine gute Sache ist.

Ich kann nicht für Europa sprechen, aber ich glaube, ihr habt ähnliche Systeme wie die, die wir als IRA [entspricht unserer Säule 3a] und 401(k) [entspricht einer Mischung aus der 2. und 3. Säule] bezeichnen.

Ich hatte schon immer den Eindruck, dass die Regierung ein wenig schizophren ist, wenn es darum geht, ihre Bürger Vermögen aufbauen zu lassen.

In den USA will man, dass die Leute reich genug sind, damit sie im Alter nicht vom Staat abhängig sind. Daher haben sie die IRA und die 401(k) ins Leben gerufen, die Steuervorteile bieten, wenn du investierst, aber sie haben strenge Limiten gesetzt, denn aus irgendeinem Grund wollen sie nicht, dass du zu reich wirst. Siehst du?

Talk von JL Collins bei Google im 2018

Talk von JL Collins bei Google im 2018

Ich denke, das ist eine politische Frage, denn je reicher und freier die Leute sind, desto unabhängiger sind sie von den Politikern.

Ich bin also vollkommen für die Freiheit und weniger Abhängigkeit von den Politikern. Das ist meine persönliche Präferenz.

Wenn es nur an mir läge, dann hätte ich nicht alle diese komplexen Investitionsinstrumente in Bezug auf die Steuern, die sie erfunden haben und an denen sie immer wieder etwas verändern und herumtüfteln.

Ich würde einfach sagen: “Wisst ihr was, die Einnahmen aus Investitionen werden nicht besteuert. Wir wollen, dass ihr spart, investiert und reicht werdet, weil dies das Land stärker macht, eure Familie stärker macht und die Leute um euch herum stärker macht und das ist insgesamt eine gute Sache.”

Aber das ist gegen gewisse politische Präferenzen in unserem Land. Ich kann mir vorstellen, dass das auch in Europa dasselbe ist.

22. Wie beeinflusst die Frage der Klimaerwärmung (die heutzutage geregelt werden muss) die Realität des Markts, der “sich immer erholt und immer aufwärtsgehen”?

Wenn es um die globale Erwärmung geht, bin ich der Meinung, dass wir dieses Problem lösen können - und natürlich besteht die Wahrscheinlichkeit, dass wir es nicht lösen können, aber wenn wir dieses Problem lösen können, wird es nicht dadurch gelöst, dass Politiker die Menschen beschimpfen, weil sie ihr Lebensstil nicht verantwortungsvoller ist.

Dies bestimmt auch nicht, indem man den Einwohner der weniger entwickelten Ländern sagt, dass sie sich nicht entwickeln können, wie dies in Europa und den USA geschehen ist, da dies schlecht für die Umwelt wäre und man sie davon überzeugen könnte, denn sie möchten vom selben Lebensstandard wie wir profitieren.

Daher, wenn die Erderwärmung gelöst wird, dann durch kreative und dynamische Menschen, die technische Lösungen für dieses Problem finden werden.

Nochmals; dies ist die Art von Dingen, die ein kapitalistisches System begünstigt.

Hoffen wir, dass dies schnell genug passiert, damit das Problem rechtzeitig gelöst werden kann.

Elon Musk und Tesla sind ein anschauliches Beispiel dafür. Fast alleine hat Elon Musk beschlossen: “Ich werde beginnen, Elektroautos herzustellen, deren Grundidee verworfen worden war.”

Ich meine, das ist eine unglaublich wagemutige Sache, aber es hat funktioniert - und jetzt hat er ein erfolgreiches Unternehmen.

Darüber hinaus hat es andere Automobilunternehmen dazu ermutigt, dasselbe zu tun.

Nehmen wir das Beispiel von China. China ist sehr aktiv in der Elektroautobranche. Das Land hat sich offensichtlich gesagt: “Wir haben eine enorme Bevölkerung und gigantische Städte. Wenn wir all diese benzinbetriebenen Autos haben, werden wir ein Problem mit der Umweltverschmutzung haben, egal, wie sauber wir sie machen, denn eine gewisse Verschmutzung gibt es immer.”

Sie haben also diese Technologie übernommen, die ein Beispiel für Kapitalismus ist, von Technologieunternehmen, die diese Art von Problemen lösen.

Plastikabfälle sind ein riesiges Problem, das mich besonders beunruhigt. Nun, das Problem ist, dass Kunststoffe unglaublich nützliche Materialien sind und in Anwendungen eingesetzt werden, für die es keine anderen Materialien gibt, die annähernd so gut sind.

Also wird man das Problem des Plastikabfalls nicht lösen, indem man die Menschen dazu bringt, kein Plastik zu verwenden. Man wird das Problem lösen, wenn jemand ein besseres Material erfindet, das die gleichen Eigenschaften wie Kunststoff hat, aber nicht den Nachteil, dass es ewig hält und sich in Mikroplastik zersetzt.

So wird die Wirtschaft weiterhin wachsen, die Aktien werden weiterhin ansteigen und es werden weiterhin Probleme gelöst.

23. Wie sieht es mit Ökologie und finanzieller Unabhängigkeit aus – denn einerseits geht es bei finanzieller Unabhängigkeit um weniger Konsum, andererseits um Börsenkapitalismus?

Ich glaube, das haben wir schon bei der letzten Frage angesprochen, denn ich denke, dass der Kapitalismus und wachsende Unternehmen die Motoren sind, die diese Probleme lösen.

Tesla ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür. Alle davon inspirierten Elektroautofirmen in China sind grossartige Beispiele für kapitalistische Ansätze.

Ein Umweltproblem lösen und gleichzeitig den Menschen die Verkehrsmittel bieten, die sie sich wünschen.

Nun, wenn ich 50 % meines Einkommens zur Seite lege, um zu investieren, anstatt damit Dinge zu kaufen, spricht das wohl dafür, dass ich eher ein Mönch als ein Minister bin.

Wenn mehr Leute weniger Dinge von schlechter Qualität kaufen würden, wäre das schlecht für gewisse Unternehmen, aber es wäre besser für andere Unternehmen, die Dinge von besserer Qualität herstellen, die vielleicht ewig halten.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es ein Fehler ist, zu denken, dass mehr Dinge zu besitzen dich glücklicher macht, denn Studien zeigen, dass das nicht sehr effizient funktioniert.

Aber ich entscheide mich nicht aus Umweltgründen dafür, weniger zu besitzen und ich kritisiere die Leute nicht, die beschliessen, aus diesem oder jenen Grund mehr zu besitzen.

Ich denke ganz einfach, dass es eine bessere Art zu leben ist, eine glücklichere.

Aber ja, wenn mehr Leute weniger Dinge von schlechter Qualität kaufen würden, wäre das schlecht für gewisse Unternehmen, aber es wäre besser für andere Unternehmen, die Dinge von besserer Qualität herstellen, die vielleicht ewig halten. Ich denke also, dass dies eine Entscheidung ist, die der Einzelne treffen kann, um die Wirtschaft und sein eigenes Leben zu verbessern.

24. Wie seid du und Mrs. Collins im Laufe der Jahrzehnte mit dem Thema finanzielle Unabhängigkeit (inklusive Ausgaben) umgegangen?

Also, wir haben nicht regelmässig etwas gemacht.

Noch einmal, meine Frau und ich waren in Bezug auf unsere Ausgaben immer perfekt aufeinander abgestimmt, sodass es nicht wirklich notwendig war, darüber zu sprechen.

Im Laufe der Zeit hat sich meine Frau um die Ausgaben gekümmert und ich um die Investitionen.

Wir haben beide gearbeitet, daher haben wir dieses Geld gemeinsam verdient.

Aber ich denke, einer der Fehler, die ich bei Leuten gesehen habe, darunter auch bei einem sehr engen Freund von mir (der inzwischen verstorben ist), war, dass er, wie ich, in seinem Haushalt alle Investitionen übernahm, aber er sagte seiner Frau nie, was er tat oder warum.

Als er dann verstarb, und zwar sehr plötzlich, sprach ich mit ihr, und sie wusste nicht, was sie eigentlich besassen. Sie hatte keine Ahnung, ob sie das Haus behalten konnte. Sie hatte keine Ahnung, ob sie reich oder arm war.

Es stellte sich heraus, dass alles in Ordnung war.

Es stellte sich heraus, dass er das Geld gut verwaltet hatte, aber das wusste sie nicht, und sie wusste auch nicht, wo es war oder wie es angelegt war.

Das ist ein grosser Fehler.

Also, was meine Frau und ich regelmässig machen, ist darüber zu sprechen, welche Investitionen wir haben, warum wir sie haben und wo sie gehalten werden.

Für uns ist es ziemlich einfach, denn ich folge dem “The Simple Path to Wealth”. Ich habe also nicht viele individuelle Aktien, um die sie sich kümmern müsste.

Einer der Gründe dafür ist, dass ich, wenn ich sterbe, will, dass die Dinge so einfach wie möglich für sie und daher auch für meine Tochter sind.

Genauso setzen wir uns zusammen und sie erklärt mir, wie sie die Rechnungen bezahlt, was die Rechnungen sind und wie der Mechanismus ist, um sie zu bezahlen und worauf sie achtet.

Wenn sie also als Erste sterben würde, was wenig wahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, müsste ich mich nicht plötzlich fragen, wie ich die Rechnung der Kreditkarte bezahlen muss. Oder wie wir die Grundsteuer bezahlen?

Es ist also wichtig, dass wir über diese Dinge kommunizieren.

Kommunikation ist also sicherlich wichtig :)

25. Wie lange hat es gedauert, bis du auf deinem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit angefangen hast, dir philosophische Fragen über dein eigenes Leben zu stellen?

Als ich anfing und 1975 meine erste Investition tätigte, wusste ich nicht, was finanzielle Unabhängigkeit bedeutet.

Ich hatte noch nie zuvor davon gehört.

Erst viele Jahrzehnte später habe ich davon gehört.

Was ich wusste, war, dass ich nicht komplett von meiner Fähigkeit, Geld zu verdienen, abhängig sein wollte, wie das bei meinem Vater der Fall war, weil ich dieses Risiko nicht eingehen wollte.

Ich wusste also, dass ich durch das Sparen und Investieren langsam immer mehr Ressourcen ansammeln würde. Aber ich wusste nicht, weil ich das Konzept nie kennengelernt hatte, dass ich eines Tages genügend Geld investiert haben würde, um überhaupt nicht mehr arbeiten zu müssen.

Ich habe meine Karriere genossen. Daher hatte ich keinen brennenden Wunsch nach einer frühzeitigen Pensionierung.

Ich bin nicht vorzeitig in den Ruhestand gegangen.

Ich habe meine Karriere genossen, aber ich habe auch mehrmals Abstand von ihr genommen. Ich habe Sabbaticals eingelegt und war froh, dass mir das Geld dafür zur Verfügung stand, sodass ich über einen längeren Zeitraum ohne Einkommen auskommen konnte.

Aber für mich war es “Fuck You” (aka F-U) Geld, ein Begriff aus dem Roman “Noble House” von James Clavell, den ich in den Siebzigerjahren gelesen hatte.

Darin gab es eine Figur, deren Ziel es war, sogenanntes F-U-Geld anzuhäufen.

Daher hatte ich dieses Konzept im Kopf.

Das wollte ich haben.

Aber erst viel später, als ich eines dieser Sabbaticals nahm, wurde mir plötzlich klar, als ich den Jahresabschluss machte, dass wir alle unsere Rechnungen bezahlt hatten. Aber wir hatten überhaupt kein Einkommen. Meine Frau hatte zu ihrem Zeitpunkt auch ihre Stelle gekündigt, weil sie wieder studieren wollte.

Wir hatten kein Einkommen.

Wir hatten ein neugeborenes Baby.

Wir hatten fast denselben Lebensstil wie zuvor.

Am Ende des Jahres hatten wir mehr Geld als am Anfang!

Ich wusste, dass etwas Beachtliches geschehen war.

Ich schaute mir dann auch das Vorjahr an und stellte dasselbe fest, was mir in jenem Jahr nicht aufgefallen war, aber ich hatte keine Bezeichnung dafür.

Es war mir nicht klar, dass es sich um die finanzielle Unabhängigkeit handelte. Und es ist mir auch nicht in den Sinn gekommen, dass das bedeutete, dass wir nie mehr arbeiten mussten.

Was die allgemeine Lebensphilosophie betrifft, so glaube ich, dass ich die Dinge nicht wirklich auf diese Art sehe. Ich habe das Leben immer bestritten, indem ich einen Fuss vor den anderen setzte.

Da ich Dinge gemacht und erreicht hatte, schienen sich neue Chancen zu präsentieren; einigen ging ich nach und anderen nicht. Es geht darum, auf Kurs zu bleiben und einen Fuss vor den anderen zu setzen.

Und hier sind wir nun heute :)

26. Glaubst du, dass alle FI-Aspiranten in Wahrheit verkappte oder ängstliche Unternehmer sind?

Meine Freunde Christy und Bryce sind die Autoren des Blogs Millennial Revolution und des Buches “Quit like a millionaire”. Es handelt sich um ein Paar, das Anfang dreissig gekündigt hat.

Sie waren Ingenieure und haben gespart und investiert. Als sie ihren Betrag zur finanziellen Unabhängigkeit erreicht hatten, haben sie gekündigt und seither reisen sie um die Welt. Letztes Jahr haben sie ein Baby bekommen.

Sie haben ihre Arbeit als Ingenieure, die ihnen nicht wirklich gefiel, gekündigt und wollten eigentlich schon immer Autoren sein und das machen sie nun seither.
Sie haben ein Buch geschrieben, das sehr erfolgreich war und das ich wärmstens empfehle, “Quit like a millionaire” (auf Deutsch: “Kündige wie ein Millionär”). Sie arbeiten momentan an ihrem zweiten Buch. Ihr Verlag hat sie gebeten, ein weiteres Buch zu schreiben.

Ich habe also viele junge Mitglieder der Gemeinschaft der finanziellen Unabhängigkeit kennengelernt und viele von ihnen getroffen, wie Christian Bryce, die ihren Corporate Job gekündigt hat, um es so zu bezeichnen.

Aber ich habe noch niemanden getroffen [der die finanzielle Unabhängigkeit erreicht hat], der bis ans Ende seiner Tage am Strand sass.

Aber ich habe noch niemanden getroffen, der bis ans Ende seiner Tage am Strand sass, vor allem, wenn sie jung aus dem Berufsleben ausgestiegen sind.

Sie machen alle noch andere Dinge. Und du hast Mr. Money Mustache erwähnt, der bestimmt seit gut 20 Jahren keinen Job in einer Firma mehr gehabt hat, aber noch viele aktive Dinge tut. Er hat Freude an der physischen Konstruktion und anderen Dingen dieser Art. Wenn du so etwas machst, verdienst du schlussendlich wieder Geld, was eine gute Sache ist.

Mr. Money Mustache prägte den Begriff der “Internet-Ruhestandspolizei”, weil die Leute ihn beschimpften und sagten: “Du bist nicht im Ruhestand, weil du Dinge tust, mit denen du Geld verdienst!”

Deswegen verwende ich nicht die Abkürzung FIRE, die “Financial Independence, Retire Early” (auf Deutsch: “Finanzielle Unabhängigkeit, früher Ruhestand”) bedeutet.

Denn erstens bin ich nie vorzeitig in den Ruhestand gegangen, wollte es auch nie. Und zweitens, weil das Wort “Ruhestand” für so viele Menschen ein Trigger zu sein scheint.

Ist Mr. Money Mustache also nun im Ruhestand?

Nun, er denke, dass er es ist.

Mir ist das egal ^^ er ist finanziell unabhängig, was ganz einfach bedeutet, dass er nicht mehr für Geld arbeiten muss. Er kann tun, was er will. Und er hat sich entschieden, gewisse Dinge zu tun, die ihm Geld einbringen.

Sind Christy und Bryce im Ruhestand? Nun, sie haben ihre Karriere in einem Unternehmen beendet, aber sie machen immer noch Dinge, die kreativ sind, und damit verdienen sie Geld.

Wenn das deine Definition ist, sind sie wohl nicht im Ruhestand, aber wen interessiert das schon?

Sie sind finanziell unabhängig und das ist das Wichtigste; es bedeutet, dass sie machen können, was sie wollen, aber sie können sich auch dazu entscheiden, überhaupt nichts zu machen.

Die Menschen neigen dazu, viel Befriedigung in ihrer Arbeit zu finden, in der Produktivität und der Vollendung von Dingen und darum hat sich die Welt mehr und mehr verbessert, weil die Menschen dies schon immer getan haben.

Jetzt haben wir ein Wirtschaftssystem, das besser ist als jedes andere zuvor. Es fördert das, belohnt das und spielt mit dieser wunderbaren Eigenschaft der menschlichen Natur.

27. Kannst du von dem Tag erzählen, an dem du gemerkt hast, dass sich dein Geld immer noch vermehrt, obwohl du kein Einkommen mehr hattest?

Ich arbeitete gerne, aber ich wollte es nicht immer machen müssen. So habe ich 1989 meinen Job aufgegeben und mein längstes Sabbatical genommen.

Es dauerte fünf Jahre.

1995 habe ich also wieder zu arbeiten begonnen.

Während dieser Zeit hat meine Frau auch ihren Job gekündigt und wieder studiert.

Unsere Tochter ist 1992 geboren worden.

In dieser Zeit sind also viele Dinge passiert und wir hatten kein Einkommen, aber wir hatten Investitionen und ich wusste, dass wir genügend Investitionen hatten, um weiterzumachen, also haben wir unseren Lebensstil nicht wirklich geändert.

Gewisse Elemente, wie unser Baby, haben wahrscheinlich zusätzliche Ausgaben mit sich gebracht.

Das war vor der Zeit, in der Computer häufig genutzt wurden. Ich hatte also die Gewohnheit, alles mit einem Bleistift auf einem Blatt Papier festzuhalten. Einmal pro Jahr setzte ich mich hin und überprüfte all meine Investitionen, um zu schauen, wo wir standen und wie hoch unser Nettovermögen war und ich schaute, wie viel wir ausgegeben hatten. Eines Tages, etwa drei Jahre nach Beginn dieser fünfjährigen Periode, habe ich die Abrechnung gemacht und festgestellt, dass wir all unsere Rechnungen bezahlt hatten und dass wir denselben Lebensstil führten wie seit jeher und dass wir am Ende des Jahres mehr Geld hatten als zu Beginn.

Wir führten denselben Lebensstil wie seit jeher und am Ende des Jahres hatten wir mehr Geld als zu Beginn.

Noch einmal, ich hatte keine Vorstellung von finanzieller Unabhängigkeit.

Das war kein Ziel, das ich zu erreichen suchte.

Ich fand also, dass es interessant war, aber nicht sehr wichtig. Aber ich sagte mir: “Oh, das ist recht interessant.”

Dann sagte ich mir, dass ich schauen wollte, wie im Jahr zuvor gewesen war. Und im Jahr zuvor war es dasselbe.

Ich hatte es im Vorjahr bei meinen Berechnungen nicht einmal bemerkt.

Daran kannst du sehen, wie wenig ich mich dafür interessiert habe.

Ich glaube, wenn ich mich recht erinnere, war es sogar noch ein Jahr früher dasselbe.

Ich erinnere mich also, dass ich gedacht habe, dass das recht beeindruckend ist. Und dann habe ich meine Papiere verräumt und nicht mehr daran gedacht.

Nur ist mir die Idee, nie mehr arbeiten zu müssen, nie in den Sinn gekommen.

Es ist etwas peinlich, das zuzugeben. Aber nun ja, so war das.

Manchmal frage ich mich, ob, wenn ich, wie die Leute heute, das Konzept gekannt hätte, wenn ich gewusst hätte, was die Formel der 4%-Regel suggeriert, ob ich mich dann zu diesem Zeitpunkt zur Ruhe gesetzt hätte?

Noch einmal, das war 1989, und ich war 39 Jahre alt. Ich war also Anfang vierzig, als ich das feststellte.

Hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt zur Ruhe gesetzt? Ich weiss es nicht.

Vielleicht hätte ich es gemacht, aber es ist mir nie in den Sinn gekommen.

28. Als du die finanzielle Unabhängigkeit erreicht hattest, warst du da eingeschränkt, ins Ausland zu reisen oder Ähnliches, weil Jessica immer noch in der Schule war und so?

Ich habe meinen letzten Job in einem Unternehmen im Jahr 2011 aufgegeben. Also ich nehme an, das würdest du als Ruhestand bezeichnen.

Ich hatte nicht wirklich ein bestimmtes Projekt für das, was ich machen würde. Ich habe meinen Job aufgegeben, weil es eine ziemlich schreckliche Firma war.

Ich arbeitete für einen Freund, der in den 80er-Jahren für mich gearbeitet hatte und er bat mich unaufhörlich, für ihn zu arbeiten und ich mochte ihn sehr. Wir waren gute Freunde, er war genial.

Der beste Chef, den ich je hatte.

Ich mochte die Kunden.

Ich mochte das Team, das er zusammengestellt hatte, aber das Unternehmen selbst war ein schrecklicher Ort geworden, mit allerlei Regeln, die einen hinderten, gute Dinge zu schaffen, produktive Dinge.

Ich bin schliesslich an einen Punkt gekommen, an dem ich mich nicht mehr darum kümmern wollte.

Ich erinnere mich, dass ich Joe gesagt habe, dass ich nicht mehr konnte, dass ich keine Lust mehr hatte.

Das war schwierig, denn noch einmal, ich mochte ihn gut.

Es gab viele Dinge, die ich mochte.

Ich habe mich also nicht wegen meines Alters zur Ruhe gesetzt, ich war damals 61 alt.

Weil ich Angst hatte, in Rente zu gehen.

Aber ich wollte diese Arbeit nicht mehr und ich wollte mir nicht die Mühe machen, eine neue zu suchen. Per Zufall war es zur selben Zeit, als ich begonnen habe, die Briefe an meine Tochter zu schreiben, aus denen schliesslich der Blog entstanden ist.

Ich hatte mir damals nie vorgestellt, dass sich der Blog eines Tages zu einer wichtigen Aktivität entwickeln würde. Als ich begonnen habe, war es nur ein Mittel, um diese Informationen für sie zu archivieren und vielleicht, um sie mit der Familie und Freunden zu teilen. Aber natürlich, meine Familie und meine Freunde haben sich überhaupt nicht dafür interessiert.

Aber nachdem der Blog lanciert war, wurde er von anderen Personen gelesen, von Leuten, die ich nicht kannte.

Dann hat Mr. Money Mustache ihn entdeckt und begann, ihn auf seinem Blog zu kommentieren und er hat mich gebeten, einen Artikel als Gast zu schreiben.

Plötzlich hatte ich ein Publikum, das immer grösser wurde und das begann, Fragen zu stellen, die mich wieder auf andere Ideen gebracht haben: “Oh ja, über dieses Thema sollte ich schreiben”, sagte ich mir.

So ist schliesslich die “Stock Series” entstanden.

Als ich begonnen hatte, waren die fünf ersten Artikel die Einzigen, die ich geplant hatte.

Jetzt sind es 35 Artikel, glaube ich.

All diese Projekte sind aus der Nachfrage seitens der Leute entstanden: “Und wie sieht es damit aus?” Also, ja, mein Publikum hat mich in gewisser Weise angeleitet und mir gesagt, was es wissen wollte.

Dann, wie wir vorhin besprochen haben, sind daraus die Bücher entstanden und so weiter.

Meine Tochter zieht mich damit sogar gerne auf.

Sie sagt: “Papa, wenn ich dir zugehört hätte, als ich klein war, dann gäbe es diesen Blog jetzt nicht und es gäbe keine Bücher, es gäbe keine Chautauquas und Marc würde kein Interview mit dir machen wollen.”

So, ja, das ist sozusagen der Ursprung des Ganzen.

Ich vermute also, dass ich bis jetzt nicht im Ruhestand bin, hehe.

29. Was Aktivität löst auch heute noch Dopamin in deinem Gehirn aus?

Nun ja, ich werde älter und ich werde langsamer.

Ich nehme also an, dass es weniger Aktivitäten braucht, um mich tagsüber zu beschäftigen, als es vielleicht früher der Fall war, weil meine Energie nicht mehr das ist, was sie einmal war.

Aber ja, der Blog und das Buch; ich habe gerade “Pathfinders” veröffentlicht, mein neustes Buch, im letzten Herbst. Ich habe viele Interviews wie dieses gegeben, was mich gut beschäftigt hat.

Ich bin jetzt tatsächlich in einer Phase, in der ich noch keine Projekte für die Zukunft habe. Es gibt ein paar Dinge, über die ich nachdenke, aber ich bin etwas ausgelaugt, nachdem ich das letzte Buch geschrieben und dann den ganzen Prozess der Lesereise und der Werbung dafür durchgemacht habe.

Ich denke darum, dass ich mich in den nächsten Monaten damit begnügen werde, auszuspannen und zu relaxen und irgendwann werde ich mich wieder langweilen und eine neue Beschäftigung finden. Wie wir vorhin besprochen haben, ein Fuss nach dem anderen :)

30. Hast du vor, bald einmal die Schweiz zu besuchen? (Ich würde dich gerne zu einem Fondue oder Raclette einladen :))

Nein, ich fürchte nicht.

Ich war schon einmal in der Schweiz, aber das war in den Achtzigerjahren, ist also lange her.

Ich glaube, wir waren in Genf. Das war eine Art Zwischenstopp. Wir haben Indien und Nepal mit Freunden besucht, die damals in Genf lebten, wenn ich mich nicht täusche.

Diese Freundin arbeitete bei Pan Am, damals war Pan Am noch eine Fluggesellschaft, und ich glaube, sie leitete deren Flughafenaktivitäten. Als wir zurückflogen, flogen wir über die Schweiz. Sie lebten zu dieser Zeit dort. Wir verbrachten, ich glaube, vier oder fünf Tage bei ihnen.

Ich glaube, es war Genf, vielleicht auch Zürich. Aber, weisst du, mein Gedächtnis wird älter :) Wie auch immer, wir hatten eine gute Zeit und es hat uns gefallen.

Ich würde gerne wieder dorthin reisen.

31. Wo kann man dich finden und kontaktieren?

Das einfachste ist der Blog, das ist jlcollinsnh.com/, wie wir vorhin besprochen haben.

Von dort aus kannst du mich auf Twitter und Facebook finden und natürlich findest du auch meine drei Bücher vom Blog aus. Sie sind alle auf Amazon verfügbar. Und “Pathfinders” ist das Einzige, das ich über einen traditionellen Verlag veröffentlicht habe, es ist also in den Buchläden verfügbar und sollte einfacher zu finden sein. Aber auch auf Amazon.


Meine Überlegungen zum Interview mit JL Collins

Angesichts der Länge der Transkription (und meiner Notizen, ahah!) habe ich meine Notizen in einem eigenen Artikel zusammengefasst :)


Nicht zuletzt möchte ich mich herzlich bei Jessica Collins dafür bedanken, dass sie nicht auf ihren Vater gehört hat. Denn ohne sie hätte es dieses Interview nie gegeben!

Das Buch 'Frei mit 40 in der Schweiz' von Marc Pittet
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Wie üblich schreibe und rezensiere ich nur Dinge, die ich in meinem persönlichen Alltag verwende oder denen ich vertraue.

Danke fürs Lesen!