Neulich stiess ich auf die Studie “Divest: for what impact?” von Jean-Pierre Danthine und Florence Hugard. Die beiden sind Mitglieder der “Enterprise for Society”, einer gemeinsamen Initiative der HEC Lausanne, des IMD und der EPFL.
Ziel des Papiers ist die Bewertung der Auswirkungen des Ausstiegs aus bestimmten Unternehmen, welche die ESG-Kriterien nicht erfüllen. Unternehmen, die als “Bad Performer” gelten.
“Ist die Investition in ESG-ETFs nicht so etwas wie Greenwashing für Privatanleger?”, fragte ich mich nach der Lektüre …
Diese Studie scheint es zu bestätigen:
“Der Ausschluss von Bad Performern hätte zwei Hauptziele: Erstens die Änderung von Geschäftspraktiken durch Entzug von Finanzmitteln und die Verstärkung der Stigmatisierung der gegenwärtigen Praktiken der Firma; zweitens die Verringerung des Risikos und die Verbesserung der Portfolio-Entwicklung.
Die Effektivität eines Ausschlusses, vor allem durch Anreize für das Management und Stigmatisierung, scheint begrenzt, variabel und von verschiedenen Faktoren abhängig zu sein. Es müssen zwei Bedingungen erfüllt werden, damit die ersten zwei Kanäle wirken können: Erstens müssen die Investoren öffentlich ihre Absicht erklären, zu desinvestieren, und zweitens muss der desinvestierte Betrag ausreichend gross oder sogar sehr gross sein. Beide Bedingungen sind notwendig, um ausreichenden Druck auf die Preise zu erzeugen, der das Management dazu bringen könnte, die Geschäftspraktiken zu verbessern, und um das Bewusstsein der Stakeholder zu schärfen.”
Der Bericht schliesst wie folgt:
- “Finanzen sind nicht allmächtig. Eine Beeinflussung der Realwirtschaft, auch durch Desinvestitionen, erfordert gutes Urteilsvermögen.
- Es ist essenziell, zwischen Primär- und Sekundärmärkten zu unterscheiden. Der Ausschluss sollte sich daher besonders auf Primär- und Anleihemärkte konzentrieren.
- Eine gründlichere und dynamischere ESG-Analyse ist eine notwendige Voraussetzung für eine mögliche Ausschlussentscheidung, die ökologische und soziale Auswirkungen ausgleichen und gute Geisteshaltung und Verbesserungsstrategien belohnen soll.
- Die Chancen, eine Wirkung zu erzielen, sind mit Strategien zum Engagement der Aktionäre wesentlich besser. Anstatt die Nachhaltigkeit eines Portfolios anhand seines aktuellen ESG-Scores oder seines CO2-Fussabdrucks zu beurteilen, wäre es klüger, sein Potenzial zu berücksichtigen, die Wirtschaft von morgen zu verändern.”
Ich selbst beschäftige mich zunehmend mit Impact Investing. Und ich finde es faszinierend zu erkennen, dass man die Welt nicht nur in Schwarz oder Weiss sehen muss, um etwas zu bewirken. Zum Beispiel ist es besser, ein aktiver Aktionär zu sein und ein grosses Unternehmen auch nur um zwei Prozent zu verändern (inklusive des Verhaltens von Tausenden von Mitarbeitern), als es auszuschliessen und zu denken, dass es mit einem Fingerschnippen aus der Welt verschwindet …
Deshalb auch meine anfängliche Frage: Dient die Investition in ESG-ETFs mit Ausschlussstrategien wirklich nur dem Gewissen der Anlegers (und den Fondsgebühren, aus denen die Analysten bezahlt werden müssen)?
Hast du auch Spass daran, solche Themen zu diskutieren und den Status quo in Frage zu stellen? Du kannst deine Meinung — konstruktiv wie immer! — im Kommentarbereich unten vertreten.
PS: Wenn du dich für diese Art Thema interessierst, empfehle ich dir den Blogpost “Verbraucher oder Investoren, wer hat die (wahre) Macht, die Welt zu verändern?”, den ich vor ein paar Monaten geschrieben habe.
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