Letztes Update: 16. November 2024
Dieser Artikel ist eine deutsche Übersetzung des Original-Blogposts von JL Collins (in Englisch), der auf dieser Seite seines Blogs jlcollinsh.com gepostet wurde.
Ich fühle mich heute reizbar. Ich habe gerade einen Artikel im Money Magazine fertig gelesen und allein das reicht aus, mich reizbar zu machen.
Dieser Artikel befindet sich auf Seite 87 der Ausgabe von März 2012. Es handelt sich um ein Interview mit Dr. Andrew Lo*. Dieser Dr. Lo ist Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der MIT Sloan School of Management. Es hat ein paar beeindruckende Fotos von Dr. Lo, der ernst und imposant ausschaut.
Ich werde dir erklären, was er sagt und wieso er Unrecht hat. Du kannst den Artikel hier nachlesen, wenn du willst: http://money.cnn.com/2012/03/02/pf/efficient_market.moneymag/index.htm.
Oh, und dieser grosse Börsencrash, der sich abzeichnet. Mach dir keine Sorgen. Ich werde dir auch sagen, wieso das nicht wichtig ist.
Zunächst einmal, um Dr. Lo gegenüber fair zu sein, habe ich nichts gegen die meisten seiner Ideen einzuwenden. Es ist auch sehr gut möglich, dass die Leute von der Money Website seinen Gesichtspunkt nicht richtig verstanden haben. Vielleicht haben sie den Schwerpunkt einfach nicht richtig gesetzt. Vielleicht können Dr. Lo und ich eines Tages bei einer Tasse Kaffee über dieses Thema schmunzeln. Oder auch nicht.
Kurz gesagt bringt Dr. Lo hervor, dass die alte Theorie der effizienten Märkte daran ist, sich in etwas zu verwandeln, was er “adaptive Märkte Hypothese” nennt. Die Idee dahinter ist, dass mit den neuen Handelstechnologien der Markt schneller und volatiler geworden ist. Das bedeutet, dass das Risiko grösser ist. Bis dahin sind wir einer Meinung.
Aber er fährt fort, dass das bedeutet, “dass im Modus “Kaufen und behalten” (auf Englisch “buy and hold”) zu investieren nicht mehr funktioniert.” Die Money Website hebt dann hervor, und das ist auch gut so, dass “buy and hold”-Investitionen selbst während der “Verlorenen Dekade” der 2000er Jahre 4% eingebracht hätten.
Dr. Lo antwortet: “Denken Sie an die Art und Weise, wie diese Person 4% eingenommen hat. Sie hat zuerst 30% verloren, erlebte dann einen starken Aufschwung und so weiter und die Gesamtrendite … lag bei 4%. Aber die meisten Investoren haben nicht abgewartet, bis der Sturm vorüber war. Nach dem ersten Verlust von 25% reduzierten sie wahrscheinlich ihre Bestände und haben sie nur zum Teil wieder aufgebaut, nachdem sich der Markt wieder etwas erholt hatte. So ist das menschliche Verhalten.”
Hänge nicht auf! Die Prämisse ist richtig, die Konklusion falsch.
Money Website (Money): Welche Wahl habe ich also?
Dr Lo : “Wir sind in einer heiklen Phase unserer Branche, in der wir keine guten Alternativen entwickelt haben. Die beste Lösung besteht darin, eine Vielzahl von Investmentfonds mit relativ tiefen Gebühren zu halten und zu versuchen, die Volatilität innerhalb einer vernünftigen Spanne zu streuen. Die Diversifizierung sollte nicht nur die Aktien und Obligationen betreffen, sondern die gesamten Investitionsmöglichkeiten: Aktien, Obligationen, Devisen, Rohstoffe, und zwar nationale und internationale.”
Money: “Sollte die Regierung bei der Prävention solcher Krisen eine Rolle spielen?”
Dr Lo: “Es ist nicht möglich, Finanzkrisen zu verhindern.”
In den Online-Kommentaren brachte ein gewisser Patrick McGuinness das Problem auf den Punkt: “Die Märkte sind also effizient, ausser wenn sie es nicht sind. Und Kaufen und Halten funktioniert nicht, weil die meisten Menschen nicht zum richtigen Zeitpunkt einsteigen. Okay, danke für die Weisheit, aber ist das neu?”. Goldmedaille für Herrn McGuinness.
Ich möchte anfügen, dass die Empfehlung von Dr. Lo (da er sagt, dass die Methode “kaufen und halten” nicht mehr funktioniert) ist, eine grosse Anzahl von verschiedenen Investitionsvehikeln zu kaufen und zu halten. Hä?
Stimmen wir dem Postulat von Dr. Lo zu, dass die Märkte volatiler geworden sind und es vermutlich bleiben werden. Ich bin nicht sicher, dass ich daran glaube, aber OK, er ist der akkreditierte Wirtschaftswissenschaftler. Wir können uns auch darauf einigen, dass der typische Investor zu Panik und falschen Entscheidungen neigt, insbesondere wenn sich alle Informationsgurus auf den Börsennachrichtenkanälen darauf einigen, den Teufel an die Wand zu malen. Und wir sind uns ganz sicher darüber einig, dass es nicht möglich ist, Finanzkrisen zu verhindern. Es zeichnen sich bereits neue am Horizont ab.
Es stellt sich also die Frage, wie man am besten damit umgeht.
Dr Lo sagt: “Behandle die Symptome.”
Er verlässt sich auf das allzu bekannte Argument der Vermögensallokation (eine gewisse Asset Allocation kann nützlich sein, worüber wir später in dieser Serie sprechen werden). Er möchte, dass wir in alles investieren und hoffen, dass es einige unserer Schützlinge schaffen. Um das korrekt zu machen, ist extrem viel Arbeit notwendig, um die Vermögensklassen zu verstehen, die Prozentsätze jeder Klasse festzulegen, zu entscheiden, wie man sie hält, sie im Gleichgewicht zu halten und sie zu verfolgen. All das, um im Laufe der Zeit eine mittelmässige Performance zu garantieren, in der Hoffnung einer erhöhten Sicherheit. Das erinnert mich an folgendes Zitat: “Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.”
JL Collins sagt:
Wende das Heilmittel an. Erkenne die kontraproduktive Psychologie hinter schlechten Investitionsentscheidungen und korrigiere sie in dir selbst.
Zuallererst musst du ein paar Dinge über den Aktienmarkt verstehen:
1. Mit Markteinbrüchen ist zu rechnen
Was 2008 geschah, ist nicht neu. Es ist schon einmal passiert und es wird wieder passieren. Und wieder. Ich investiere seit fast 40 Jahren. In dieser Zeit hatten wir:
- Die Rezession von 1974/75.
- Die massive Inflation in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren. Wer sich an die WIN-Buttons (Whip Inflation Now) erinnern kann, hebt die Hand. Die Hypothekenzinsen lagen bei über 20%. 10-jährige Staatsanleihen konnte man zu über 15% kaufen.
- Das mittlerweile berüchtigte Titelbild der BusinessWeek aus dem Jahr 1979: “Der Tod der Aktien”, das schlussendlich den Beginn des grössten Bullenmarktes aller Zeiten einläutete.
- Der Börsencrash von 1987. Der grösste Einbruch der Geschichte an einem Tag. Die Broker standen buchstäblich auf den Fenstersimsen und einige von ihnen sind tatsächlich gesprungen.
- Die Wirtschaftskrise Anfang der 1990er-Jahre.
- Die Dotcom-Blase Ende der 1990er-Jahre.
- Der 11. September.
- Und diese kleine Krise 2008.
2. Der Markt erholt sich immer
Immer. Und wenn dies eines Tages nicht der Fall sein sollte, wird keine Investition mehr sicher sein und alle diese finanziellen Fragen werden keine Rolle mehr spielen.
Im Jahr 1974 schloss der Down Johns Index bei 616 Punkten. Ende 2014 betrug er 17.823 Punkte. Während dieser Zeitspanne von 40 Jahren (Januar 1975 bis Januar 2015), ist der S&P 500 (ein umfassender und aussagekräftiger Index) um eine annualisierte Rate von 11,9% gestiegen. Wenn du 1.000 Dollar investiert hättest, wären sie zu Beginn des Jahres 2015 auf 89.790 Dollar (nutze “Click to Show Advance” und kreuze “Ignore Tax, Ignore Fees” an) gestiegen. Ein beeindruckendes Ergebnis und das trotz all der oben erwähnten Desaster.
Alles, was du hättest tun müssen, ist, dich abzuhärten und es auszuhalten. Nimm dir einen Moment Zeit, um das, was du gerade gelesen hast, tief in dich aufzunehmen. Es ist der wichtigste Punkt, den ich heute ansprechen werde.
Alle verdienen Geld, wenn der Markt steigt. Aber was bestimmt, ob dich der Markt reich macht oder dich verletzt am Strassenrand liegen lässt, ist, was du in den Momenten tust, wenn er zusammenbricht.
3. Der Markt bewegt sich immer nach oben
Immer. Ich wette, dass dir das zuvor noch niemand gesagt hat. Aber es stimmt. Ich will damit nicht sagen, dass es ein Weg ohne Hindernisse ist. Das ist keineswegs der Fall. Am häufigsten ist es eine unebene und steinige Strasse. Aber sie ist immer, und ich sage wirklich immer, ansteigend. Nicht jedes Jahr. Nicht jeden Monat. Nicht jede Woche und ganz sicher nicht jeden Tag. Aber nimm dir einen Moment Zeit und schau dir irgendeinen Chart des Aktienmarktes im Zeitverlauf an. Der Trend geht unaufhaltsam nach oben, nach jedem Desaster.
4. Der Markt ist die Anlagekategorie, die langfristig die beste Performance erzielt
Ohne Erklärung.
5. Die nächsten 10, 20, 30 und 40 Jahren werden durch genauso viele Einbrüche, Rezessionen und Katastrophen gekennzeichnet sein wie in der Vergangenheit
Wie der gute Dr. Lo sagt, ist es unmöglich, sie zu verhindern. Es besteht kein Zweifel, dass deine Investitionen jedes Mal einen Rückschlag erleiden werden. Jedes Mal wird es so beängstigend sein wie immer. Und jedes Mal werden die Experten schreien: Verkaufen! Und jedes Mal werden die Mutigsten prosperieren.
6. Darum muss man sich abhärten …
… und lernen, den Lärm zu ignorieren, den Kurs zu halten und den Sturm zu überstehen. Oh, und kaufe!
7. Um dies zu tun, musst du wissen, dass diese schlechten Zeiten kommen werden
Und sie werden kommen. Sie schmerzen. Aber wie die Blizzards im Winter sollten sie niemals eine Überraschung sein. Und sofern du nicht in Panik verfällst, werden sie auch keine Rolle spielen.
8. Ein grosser Börsenkrach steht bevor!!
Und es werden noch andere kommen. An Kaufgelegenheiten wird es nicht mangeln.
Ich sage meiner 20-jährigen Tochter, dass in den 60 bis 70 Jahren, in denen sie investieren wird, sie etwa alle 15 bis 20 Jahre mit finanziellen Einbrüchen im Ausmass jener von 2008 rechnen muss. Das heisst, es erwarten sie 3 bis 4 wirtschaftliche Ereignisse der Kategorie “Weltuntergang”. Krisen in kleinerem Ausmass werden noch häufiger vorkommen.
Tatsache ist, dass es sich nie um einen Weltuntergang handelt. Sie sind Teil des Prozesses. Ebenso wie die Panik, die damit verbunden ist. Dasselbe gilt natürlich auch für den ganzen Medienrummel um die 3, 4 oder 5 Mega-Bullenmärkte, die wir in denselben Jahren erleben werden.
Zu letzteren werden die Finanzmedien mit Überzeugung sagen, dass “es diesmal anders ist”. Aber auch in diesem Punkt werden sie Unrecht haben.
In den nächsten Artikeln dieser Serie werden wir sehen, warum der Markt immer nach oben tendiert und ich werde dir genau erklären, wie du in jedem Abschnitt deines Lebens investieren musst, wie du reich wirst und wir du es bleibst. Du wirst erstaunt sie, wie einfach es ist. Aber du musst hart sein.
Addendum von JL
1/ In den Kommentaren [des Blogs von JL] wirft mir Robert vor, dass ich zu streng mit Dr. Lo und seinen Ideen war. Wenn du einverstanden bist, dann ist das eine gute Neuigkeit. Dann kannst du mit ihm investieren. Im Forbes Investmentguide 2015 (der Ausgabe von Dezember 2014) ist Dr. Lo einer der vier Akademiker, die in einem Artikel mit dem Titel “Die Profite der Professoren” auf Seite 96 erwähnt werden. Um den Artikel direkt zu zitieren:
“Heute setzt Lo einige seiner Theorien als Gründer der AlphaSimplex Group in die Praxis um, und zwar mit seinem 3 Milliarden Dollar schweren Natixis ASG Global Alternatives Fund (GAFYX), der in eine sich ständig ändernde Palette von Wertpapieren investiert, darunter Terminkontrakte auf Aktienindizes, Währungen und Rohstoffe, wobei das Risiko je nach der Volatilität der zugrunde liegenden Märkte steigt oder sinkt. Die Renditen waren seit der Auflegung des Fonds im September 2008 nur mittelmässig (5,1% pro Jahr) und damit knapp halb so hoch wie die Rendite des S&P 500. Aber Lo behauptet, dass der Fonds seine Aufgabe in den letzten, turbulenten letzten Monaten des Jahres 2008 erfüllt hat, verglichen mit einem Verlust von 11% bei Hedgefonds mit ähnlichen Strategien und einem Einbruch von 23% beim S&P.”
Dafür weist der Fonds eine erstaunliche Ausgabenquote von 1,33% und eine Zeichnungsgebühr von 5,75% auf, was es zumindest Dr. Lo ermöglicht, sich zu bereichern.
2/ De Kendall Frederick in den Kommentaren [des Blogs von JL]:
“Ich habe diesen Artikel gerade noch einmal gelesen, als ich jemandem den Link zur Serie gab. Ich glaube, es war aufwändig genug, nach Dr. Andrew Lo zu googeln, sodass ich Folgendes amüsant fand: Sein Hedgefonds Alpha Simplex, den du oben erwähnt hast, hat letztes Jahr Konkurs gemacht, nachdem er sich mehrere Jahre in Folge unterdurchschnittlich entwickelt hatte. Aber ich nehme an, dass sich der gute Doktor doch ganz gut geschlagen hat, mit den Gebühren und der Eintrittskommission.”
Notizen von MP
Ich habe für diesen ersten Teil nicht viel anzufügen oder zu kommentieren.
Ah doch, vielleicht: Alles, was JL geschrieben hat, gilt auch für die Schweiz. Vor allem, dass du die Vermögenswerte, die du kaufst, niemals wiederverkaufen solltest – vor allem nicht während eines Börsencrashs. Im Gegenteil, während eines Crashs solltest du vom Ausverkauf und den heruntergesetzten Vermögenswerten profitieren!
Bildnachweis: jlcollinsnh.com