Dieser Artikel ist eine deutsche Übersetzung des Original-Blogposts von JL Collins (in Englisch), der auf dieser Seite seines Blogs jlcollinsh.com gepostet wurde.
Einfachheit ist gut. Einfachheit ist einfacher. Einfachheit ist profitabler.
Was ich dir in den nächsten Artikeln zeigen werde, ist das Herz der Einfachheit. Dank ihr wirst du alles lernen, was du brauchst, um bessere Anlageergebnisse zu erzielen als 80 % der Profis und aktiven Anleger. Und das ohne grossen Zeitaufwand – so kannst du dich auf all die anderen Dinge konzentrieren, die dein Leben reich und schön machen.
Wie ist das möglich? Ist Investieren nicht kompliziert? Brauche ich nicht professionelle Anleitung?
Nein und nein.
Seit der Zeit Babylons erschaffen Menschen Anlageprodukte – meist mit dem Ziel, sie an andere zu verkaufen. Es gibt einen starken finanziellen Anreiz, diese Investments möglichst kompliziert und geheimnisvoll wirken zu lassen.
Doch die Wahrheit ist: Je komplexer eine Geldanlage, desto geringer ist meist ihre Rentabilität. Indexfonds übertreffen aktiv gemanagte Fonds grösstenteils, weil aktiv gemanagte Fonds Gebühren von den aktiven Managern verlangen. Nicht nur neigen aktive Manager dazu, Anlagefehler zu machen, ihre Gebühren belasten auch dauerhaft die Rendite des Portfolios.
Für die Unternehmen, die solche Produkte verkaufen, sind sie allerdings äusserst lukrativ – weshalb sie aggressiv beworben werden. Bezahlen tust am Ende du. Dasselbe gilt für die Werbekosten.
Nicht nur brauchst du keine komplexen Investments, um erfolgreich zu sein – tatsächlich arbeiten sie oft gegen dich. Im besten Fall sind sie teuer, im schlimmsten Fall ein wahrer Sumpf für Betrügereien. Sie sind die Mühe nicht wert. Es geht auch besser.
Alles, was wir brauchen, sind drei Überlegungen und drei Werkzeuge.
Die drei Überlegungen
Folgende Punkte solltest du beachten:
- In welcher Phase deiner Anlegerkarriere befindest du dich? Im Vermögensaufbau oder in der Vermögenserhaltung? Oder vielleicht irgendwo dazwischen?
- Welches Risiko bist du bereit einzugehen?
- Ist dein Anlagehorizont langfristig oder kurzfristig?
Wie du sicherlich bemerkt hast, hängen diese drei Aspekte eng zusammen. Dein Risikoniveau hängt von deinem Anlagehorizont ab. Beide beeinflussen die Ausrichtung deiner Investitionsphase. Alle drei stehen in Verbindung mit deinem aktuellen Job und deinen Zukunftsplänen. Diese Entscheidungen kannst nur du treffen, aber erlaube mir, dir einige ein paar Denkanstösse zu geben.
Es gibt keine Investition ohne Risiko. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden. Selbst wenn du dein Geld im Garten vergräbst und es in 20 Jahren wieder ausgräbst, hast du zwar den gleichen Betrag, aber durch selbst moderate Inflation wird seine Kaufkraft erheblich gesunken sein.
Wenn du investierst, um dich vor Inflation zu schützen, könnte dir eine Deflation einen Strich durch die Rechnung machen – oder umgekehrt.
Deine Investitionsphase ist nicht zwingend ans Alter gebunden
Vielleicht planst du, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Vielleicht machst du dir Sorgen um deinen Job. Vielleicht nimmst du ein Sabbatical. Vielleicht kehrst du nach mehreren Jahren im Ruhestand auf den Arbeitsmarkt zurück. Deine Lebensphasen können sich im Laufe eines Lebens mehrmals ändern. Und deine Anlagen können sich leicht mit ihnen verändern.
F-you-Geld ist unerlässlich
Falls du noch keines hast, fang sofort an, es aufzubauen. Sei kompromisslos. Das Leben ist unberechenbar. Der Job, den du heute hast und liebst, kann morgen schon weg sein. Nichts, was man mit Geld kaufen kann, ist wertvoller als deine finanzielle Freiheit. In unserer modernen Welt gibt es kein wichtigeres Werkzeug.
Denke nicht zu kurzfristig
Die meisten von uns sind – oder sollten es zumindest sein – langfristige Investoren. Eine gängige Faustregel aus der Finanzberatung lautet: Ziehe dein Alter von 100 (oder 120) ab. Das Ergebnis gibt an, wie viel Prozent deines Portfolios in Aktien investiert sein sollten. Nach dieser Logik sollte eine 60-jährige Person 60 % ihres Vermögens in risikoarme Anleihen stecken, um ihr Kapital zu schützen. Das ist absurd.
Hier liegt das Problem: Selbst eine moderate Inflation frisst über die Jahre den Wert von Anleihen auf, und Anleihen bieten nicht das Wachstumspotenzial von Aktien, um diesen Verlust auszugleichen.
Wenn du mit 20 Jahren zu investieren beginnst, kannst du vielleicht 80 Jahre lang investiert bleiben – oder sogar ein ganzes Jahrhundert, falls die Lebenserwartung weiter steigt. Selbst mit 60 Jahren und guter Gesundheit hast du noch locker 30 Jahre vor dir. Für mich ist das langfristig.
Vielleicht hast du aber auch einen jüngeren Partner. Oder du möchtest Geld für deine Kinder, Enkel oder eine gemeinnützige Organisation hinterlassen. All diese Ziele haben ihren eigenen langfristigen Anlagehorizont.
Sobald du dir über diese drei Überlegungen im Klaren bist, kannst du dein Portfolio aufbauen – und dazu brauchst du nur drei einfache Werkzeuge. Siehst du, ich habe versprochen, dass es einfach sein wird.
Aktien. VTSAX (Vanguard Total Stock Market Index Fund). Diesen Fonds hast du bereits in früheren Artikeln dieser Serie kennengelernt. Es handelt sich um einen Indexfonds, der in Aktien investiert. Langfristig bieten Aktien die besten Renditen – und mit VTSAX gelingt das mit minimalem Aufwand und geringen Kosten. Aktien sind unser wichtigstes Werkzeug zum Vermögensaufbau und unser Schutz gegen Inflation. Aber wie bereits erwähnt, ist der Aktienmarkt eine Achterbahnfahrt, für die man starke Nerven braucht.
Obligationen. VBTLX (Vanguard Total Bond Market Index Fund). Obligationen bringen regelmässige Erträge, mildern die Schwankungen von Aktien und dienen als Absicherung gegen Deflation. Deflation ist das, was die Fed derzeit so hartnäckig bekämpft – und sie war eine der Hauptursachen für die Grosse Depression in den USA. Deflation ist beängstigend. Allerdings sind Obligationen in Zeiten steigender Inflation oder Zinserhöhungen stark unter Druck.
Cash. Es ist immer wichtig, etwas Bargeld als Reserve zu haben. Du solltest nie gezwungen sein, deine Investitionen zu verkaufen, um unerwartete Ausgaben zu decken. Cash ist besonders wertvoll in einer Deflationsphase – je mehr die Preise fallen, desto mehr kannst du dir mit deinem Geld leisten. Aber ungenutztes Bargeld hat kaum Wachstumspotenzial und verliert in Zeiten steigender Inflation an Wert.
Viele setzen auf VMMXX, einen Geldmarktfonds, der früher höhere Renditen als Bankkonten bot. Heute, bei Zinssätzen nahe Null, ist das nicht mehr unbedingt der Fall (Stand 08.08.2023: Die aktuelle Rendite von VMMXX liegt bei 19.29 % seit Jahresbeginn – nicht schlecht!). Wir halten nun auch einen Teil unseres Geldes bei unserer lokalen Bank. Wenn du es lieber hast, tut es auch eine Online-Bank wie ING.
Und das war’s! Drei einfache Werkzeuge: Zwei Indexfonds und ein Geldmarktfonds bzw. ein Bankkonto. Ein Instrument für den Vermögensaufbau und den Schutz vor Inflation, eine Absicherung gegen Deflation und eine Liquiditätsreserve für den Alltag und Notfälle. Günstig, effizient, breit diversifiziert und simpel.
Du kannst die Gewichtung dieser drei Bausteine individuell anpassen. Möchtest du eine stabilere Entwicklung mit weniger Schwankungen? Oder bist du bereit, eine niedrigere langfristige Rendite in Kauf zu nehmen und dein Vermögen langsamer aufzubauen? Dann kannst du einfach den Anteil von VBTLX erhöhen.
Beim nächsten Mal geht es um konkrete Strategien und Portfolios, die dir den Einstieg erleichtern.
Bis dahin noch ein kurzer Hinweis zu…
Du hast wahrscheinlich bemerkt, dass Vanguard das Unternehmen ist, das all diese Fonds verwaltet. Es ist das einzige Investmentunternehmen, das ich empfehle und mit dem du zusammenarbeiten solltest (oder zumindest in Betracht ziehen solltest). Die einzigartige Struktur von Vanguard bedeutet, dass ihre Interessen mit deinen übereinstimmen. Die Vanguard Gesellschaft gehört nämlich dem Vanguard-Fonds selbst. Mit anderen Worten: uns, den Anteilseignern dieser Fonds. Diese Struktur ist einzigartig unter den Investmentgesellschaften.
Vor einiger Zeit schrieb ein Kommentator auf Reddit über einen meiner Artikel und meinte: “Das klingt wirklich wie eine Werbung für Vanguard.” Ich verstehe diesen Einwand – auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass er direkt hier im Blog geäussert worden wäre.
Ich bin ein grosser Fan von Vanguard, aber ich bin dort weder angestellt noch habe ich irgendwelche finanziellen Interessen an der Gesellschaft – abgesehen davon, dass ich die Fonds besitze, die ich hier beschreibe.
Vielleicht findest du woanders einen Indexfonds mit noch geringeren Gebühren. Einige dieser Gesellschaften werden als « loss leaders » bezeichnet. Doch auf lange Sicht kannst du diesen Unternehmen nicht vertrauen. Ihre Interessen sind nicht deine Interessen. Ihr Ziel ist es, ihren Eigentümern Geld zu bringen – nicht dir.
Lass es bleiben. Bleib bei Vanguard.
Haftungsausschluss: Wie alles in diesem Blog handelt es sich hierbei lediglich um einen Gedankenaustausch. Du bist allein für deine Entscheidungen verantwortlich.
MPs Notizen
Diese Banker und Versicherer mit ihren Boni und Porsches!
Ich kann JL nur zustimmen, wenn er erklärt, dass ein Finanzprodukt umso nachteiliger für den Käufer wird, je komplizierter es ist – und gleichzeitig umso vorteilhafter für den Verkäufer (dank der saftigen Gebühren, die er kassiert).
Ich habe das selbst erlebt, als mir mein Schweizer Versicherer erzählte, dass sie einen Investment-Spezialisten eingestellt haben, um die Finanzmechanismen hinter ihrer 3a-Vorsorgelösung mit Lebensversicherung zu erklären.
Das Schlimmste daran? Als ich nur ein wenig nachfragte – nicht als Anfänger , sondern als begeisterter Fan von persönlichen Finanzen – wurde mir schnell klar, dass der sogenannte Experte nicht einmal in der Lage war, mir sein eigenes Finanzprodukt verständlich zu erklären!!!
Die ganze Geschichte findest du in diesem Artikel, in dem ich dir erkläre, wie du deinen gebundenen 3a-Pensionsplan mit Lebensversicherung auflöst (NIE dieses Produkt abschliessen!) sowie meine persönliche Erfahrung mit meiner Versicherung und Hypothek (GENAU SO: Niemals eine Hypothek bei einer Versicherung abschliessen!)
PS: Falls du in einem früheren Leben Versicherungsverkäufer warst (aber mittlerweile geläutert, haha) und die finanziellen Anreize hinter dem Verkauf dieser dope 3a-Vorsorgeprodukte mit Lebensversicherung kennst, würde mich das brennend interessieren!
Einfachheit ist schön (und schafft Wohlstand!)
Ich erinnere mich an meine ersten Schritte an der Börse im Jahr 2013, als ich mir vorstellte, ein Investment-Portfolio zu führen, das ich regelmässig verwalten müsste… als ob aktives Investieren mich intelligenter machen oder mir mehr Kontrolle geben würde.
Ich habe (sehr!) viel Zeit investiert, um zu lesen und mich über das Thema Börse weiterzubilden, bevor ich schliesslich zu meinem simplen ETF-Portfolio kam (eigentlich 3x, aber letztlich 1x).
Und was soll ich sagen…
Seit ich so einfach investiere (mein gesamtes Erspartes in VT), bin ich so viel entspannter und habe den Kopf frei für Wanderungen am Wochenende – anstatt jeden Morgen mit einem flauen Gefühl im Magen die Börsenkurse zu checken!
Dein Bargeld unter deinem Kopfkissen aufzubewahren, ist auch ein Risiko
Ein Punkt, den ich vor meiner Beschäftigung mit den persönlichen Finanzen kaum verstanden habe.
Wenn du dein Geld einfach auf einem Konto liegen lässt (sagen wir CHF 15'000), dann wirst du mit diesem Geld in zehn Jahren nicht mehr Waren im Wert von CHF 15'000 kaufen können, sondern vielleicht nur noch für CHF 12'000–14'000.
Und genau das ist auch ein Risiko – genauso wie das Investieren an der Börse Risiken birgt.
Kurz gesagt: Geld als vermeintliche “Sicherheit” zu behalten, birgt ebenfalls das Risiko, durch die Inflation an Kaufkraft zu verlieren…
Bogleheads
Ah, die berühmte Bogleheads-Strategie, bei der du dein Alter in Anleihen anlegst und den Rest in Aktien.
Seit einigen Monaten denke ich darüber nach, in die Richtung von JL zu gehen, der sinngemäss sagt: Solange du dich in der Vermögensaufbauphase auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit befindest, solltest du alles in Aktien investieren. Punkt.
Ich habe bereits in diesem früheren Artikel darüber gesprochen.
Vor allem, weil wir als Schweizer Investoren unseren 2. Säule-Geldbetrag als Anleiheanteil betrachten können (deshalb habe ich auch nie meinen hypothetischen Anleihen-ETF gekauft).
Ich plane immer noch einen Artikel, der meine Überlegungen und meine aktualisierte Strategie für 2025 im Detail beschreibt. Geduld.
Schweizer Bank, wo du dein Bargeld aufbewahren kannst
Falls du neu auf diesem Schweizer Blog bist und dich fragst, welche Bank du für deine liquiden Mittel nutzen solltest, die du in bar halten möchtest, empfehle ich dir aktuell diese Schweizer Bank (das ist auch die Bank, die ich selbst verwende).
Bildnachweis: jlcollinsnh.com